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Austausch bildet – Dezember 2018

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Schule und Unterricht sollen junge Menschen dazu befähigen, eine demokratische Gesellschaft mitzugestalten. "Demokratische Bildung fördern" - das ist im Rahmen von internationalen Austauschprojekten im Schulbereich möglich. Die Dezember-Ausgabe stellt gelungene Beispiele aus dem Bereich Erasmus+, eTwinning, PASCH und dem Weiterbildungsprogramm vor. Ein zweiter Schwerpunkt sind Zahlen und Hintergründe zum deutsch-französischen Austausch. Erfahrungen aus Deutschland Plus, dem Programm für Fremdsprachenassistenz und die Geschichte einer langjährigen GAPP-Schulpartnerschaft zwischen Saarland und Iowa runden das Heft ab.

Deutsch-französischer

Deutsch-französischer Austausch 27 austausch bildet voltaire von andrea lummert, pad W enn zwei 15-Jährige, die sich vor dem ersten Zusammentreffen noch nie gesehen haben und nur per E-Mail Kontakt hatten, ein ganzes Jahr miteinander verbringen, ist das für alle Beteiligten eine Herausforderung. Ohne eine gastfreundliche Familie und interessierte Gleichaltrige, die zu Freunden werden, sowie ein gehöriges Maß an Neugier und Mut aufseiten der Partnerschüler würde das Heimweh wohl nie verschwinden. Nicht immer entstehen daraus Freundschaften fürs Leben. Die Verbindungen zum Nachbarland, aber sind oft für lange Zeit prägend. Lukas aus Deutschland und Anne-Cécile aus Frankreich haben diesen Schritt gewagt. Mit Unterstützung ihrer Familien hatten sie sich für das deutsch-französische Austauschprogramm Voltaire beworben. Im Schuljahr 2017/18 verbrachten sie dann sechs Monate gemeinsam erst in Berlin und dann sechs Monate in Paris. Anfangs ist alles für sie fremd: der Schulbesuch im Ausland, der Alltag in der neuen Familie, aber auch, dass sie in vielen Situationen auf sich allein gestellt sind. Wie ihnen das gelungen ist? »Man sollte sich darüber freuen, dass man eine »Offen sein und genießen können« Anne-Cécile und Lukas teilten im deutsch-französischen Schüleraustauschprogramm Voltaire ein Jahr lang Familie und Schule. Die Hälfte der Zeit verbrachten sie in Berlin, die andere Hälfte in Paris. Der PAD fragte beide nach ihren Erfahrungen. einmalige Zeit erlebt, die so nicht wieder kommt«, ist das Rezept von Anne-Cécile gewesen. »Man lernt, offener zu sein und Freundschaften ganz neu zu schätzen«, sagt Lukas rückblickend. Austausch mit Familienanschluss Voltaire ist ein Austausch mit Familienanschluss und so zeigte sich bei beiden, welche wichtige Rolle die Gastfamilie spielte, die beim Einleben ebenso unterstützte wie beim Erläutern der kulturellen Besonderheiten des Gastlandes. »Meine Austauschfamilie war sehr nett und hat mir Frankreich gezeigt, wie ich es sonst nicht hätte erleben können. Mein Gastvater unternahm mit mir Radtouren ins Umland und erklärte mir dabei vieles zur Landschaft und Kultur Nordfrankreichs. Und die Familie ist mit mir ans Meer gefahren und hat mir zahlreiche Städte gezeigt. Ich hatte sogar einen Opernpass und die Möglichkeit, ins Theater zu gehen«, sagt Lukas. Er liebt Paris mit dem Ausblick vom Montmartre, mit den vielen Museen, die Jugendliche kostenlos besuchen können, und den Vierteln mit ihren kleinen Geschäften und Cafés. Anne-Cécile fühlte sich in ihrer Berliner Gastfamilie gut integriert. Beide Elternteile halfen ihr, die deutsche Sprache zu lernen. Was ihr besonders gut gefiel: »Sie haben mir meine Freiheit gelassen. Ich konnte mit Freunden etwas unternehmen und Ausflüge machen. So konnte ich unabhängig sein und das war gut für mich, um mich weiterzuentwickeln«. Schulleben in Deutschland und Frankreich Die beiden Schulen könnten nicht unterschiedlicher sein. Das Gymnasium in Paris mit seinen 3 000 Schülerinnen und Schülern ist gesichert gegen terror istische Anschläge wie ein Hochsicherheitstrakt. Hier gibt es Ganztagsunterricht mit Hausaufgaben noch am Abend, hohe Erwartungen an die Leistung und strenge Lehrkräfte. In Deutschland dagegen besuchen Lukas und seine Austauschpartnerin eine Waldorfschule mit 400 Jugendlichen. Die Lehrerinnen und Lehrer pflegen zur Verwunderung von Anne-Cécile einen freundschaftlichen Umgang mit ihren Klassen. »In Frankreich treten Lehrer als Autorität auf. Sie bleiben auf Abstand«, stellt Anne-Cécile fest. Auch dauert es eine Weile, bis sie dem Unterricht folgen kann. »Anfangs habe ich nichts verstanden, aber nach einem Monat kam ich zurecht. Die Anforderungen waren nicht so hoch wie in Frankreich und ich fand es toll, dass Kunst und Musik eine so große Rolle spielen«, sagt sie. »Die Schule in Frankreich hat mich sehr gefordert und ich hatte sehr wenig Freizeit. Selbst am Samstag hatten wir noch vier Stunden Unterricht«, beschreibt Lukas seine Erfahrungen in Paris. Er wechselt nach einigen Wochen von der 11. in die 10. Klasse, in der er dem Stoff besser folgen kann und wo er auch bald Freunde findet. Viel Zeit für private Interessen findet er angesichts des vollen Stundenplans im französischen Schulalltag jedoch nicht. Trotzdem sieht er auch Vorteile in diesem Bildungssystem. »Mir gefällt das Konzept, bei dem alle sehr lange in der Schule sind. Die Schule ist modern ausgestattet und der Unterricht sehr strukturiert. Arme wie reiche Schüler haben so die gleichen Bedingungen.« Sprache ist nicht alles Im ersten Monat fällt es beiden Schülern noch schwer, sich zu verständigen. Wie gut, dass sie beide Englisch als Fremdsprache gelernt haben. Ihre Interessen sind dagegen sehr unterschiedlich, sodass es für sie nicht einfach ist, sich aufeinander einzustellen. Lukas ist technikinteressiert und liebt Kurzfilme, Anne-Cécile spielt gerne Klavier und trifft sich mit Freunden. Gemeinsam ist ihnen, dass sie anfangs nicht viel sprechen und schüchtern sind. Es fehlt ihnen noch an Selbstvertrauen, das aber mit der Zeit wächst. Nach einem Monat läuft alles wie automatisch, so Anne-Cécile. Sie gehen gemeinsam zur Schule, unterstützen sich beim Einleben, finden aber auch neue Freunde unabhängig voneinander. Wichtig ist für beide die Erfahrung, in einem neuen Umfeld selbst klarzukommen. Fortschritte in der Fremdsprache Das Austauschjahr hat beiden denn auch gefallen. Sie haben viel gelernt und spüren die Fort schritte in der Fremdsprache bis heute. Anne-Cécile hat Freunde in Deutschland gefunden, mit denen sie Berlin erkunden konnte. Sie hat viel Klavier gespielt, ist Fahrrad gefahren und mochte den entspannten Unterrichtsalltag an der Waldorfschule. Lukas freut sich über die guten Beziehungen zu seiner Gastfamilie und zu den neuen Freunden in Paris, zu denen er weiter Kontakt hält. »Es ist wichtig, offen zu bleiben und die guten Momente zu genießen«, sagt Anne-Cécile, die Berlin gerne wieder besuchen will. Lukas spürt, dass er erwachsener geworden ist. »Man weiß den Wert von Freundschaften mehr zu schätzen. Ich bemühe mich stärker darum, die Freunde nicht zu verlieren.« Wie Voltaire gelingt Das Austauschprogramm Voltaire wird durch das Deutsch- Französische Jugendwerk (DFJW) gefördert. Ein Stipendium mit Kultur- und Fahrtkostenzuschuss und ein Familienaufenthalt auf Gegenseitigkeit ermöglichen auch Schülerinnen und Schülern aus Familien mit geringeren Einkommen die Teilnahme. Lukas und Anne-Cécile sind beide überzeugt, dass Voltaire gelingt, wenn man offen für neue Kontakte ist und die Austauschfamilie bei der Integration hilft. Weitere Informationen www.kmk-pad.org/programme/voltaire 26

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