Aufrufe
vor 3 Jahren

Austausch bildet – Juni 2020

  • Text
  • Schulpartnerschaft
  • Schueleraustausch
  • Mauerfall
  • Erasmus
  • Europa
  • International
  • Geschichte
  • Schulen
  • Austausch
Das Magazin „Austausch bildet“ des PAD veröffentlicht Beiträge zur Praxis des internationalen Schulaustauschs. Schwerpunkt der Juni-Ausgabe ist der Epochenwechsel in Europa vor 30 Jahren. Sie können das Heft kostenlos im PAD-Webshop bestellen.

Erfahrungen 31 austausch

Erfahrungen 31 austausch bildet german american partnership program Unantastbar Mit ihrem Oberstufenprojekt »Human Rights« brechen die Schülerinnen und Schüler vom Pestalozzi-Gymnasium München zum GAPP-Austausch in die USA auf. Ziel ist es, mit den Schülerinnen und Schülern unserer Partnerschule in eine Diskussion über das Thema Menschenrechte einzutreten. von veit buntz, pestalozzi-gymnasium münchen A ls Reaktion auf die Schrecken des Nationalsozialismus und des Zweiten Weltkriegs verkünden die Vereinten Nationen am 10. Dezember 1948 die »Allgemeine Erklärung der Menschenrechte«. Gleich in Artikel 1 heißt es dort: »Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren.« Entsprechend beginnt auch das deutsche Grundgesetz mit den Worten: »Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.« Und bereits 1776 argumentieren die Verfasser der amerikanischen Unabhängigkeitserklärung, »that all men are created equal, that they are endowed by their Creator with certain unalienable Rights, that among these are Life, Liberty and the pursuit of Happiness«. Noch vor dem eigentlichen GAPP-Austausch haben sich unsere Schülerinnen und Schüler im Projektseminar »Human Rights« mit diesen allgemein bekannten, jedoch nur scheinbar einfachen Begriffen auseinandergesetzt. Worin genau besteht die Würde des Menschen? Und in welchem Verhältnis steht Menschenwürde zu künstlicher Intelligenz, Digitalisierung und Biotechnologie, die den gesellschaftlichen Wandel immer stärker bestimmen? Um darüber hinaus die Realität der Weltpolitik zu simulieren, schlüpften die Schülerinnen und Schüler im Planspiel »Mensch Macht Klima« zu einem fiktiven Landkonflikt in die Rollen von Unternehmern, Kleinbauern, Politikern und ausländischen Investoren und konnten so das Spannungsfeld erproben, in dem Menschenrechte auf handfeste politische und wirtschaftliche Interessen treffen. Mit Präsentationen im Gepäck brach die Gruppe im Oktober 2018 an unsere Partnerschule, die Boyertown High School in Pennsylvania, auf. Anspruchsvoll war nicht zuletzt ein sensibles Herangehen an die gemeinsame Projektarbeit. Wie gelingt es, in den ausgesuchten High-School-Klassen nicht als belehrende Besserwisser aus Deutschland aufzutreten, sondern einen interkulturellen Gedankenaustausch auf Augenhöhe zu führen? Es war überraschend, wie schnell die amerikanischen Schülerinnen und Schüler in die Diskussion einstiegen, vor allem aber auch, wie amerikanische und deutsche Schüler Menschenrechte räumlich unterschiedlich wahrnehmen. Während deutsche Schülerinnen und Schüler das Thema bevorzugt in der internationalen Politik verorten, suchten die amerikanischen Gastgeber Anknüpfpunkte in der eigenen Schule und am Schulort. Sie überlegten, wo Menschenrechte in ihrem unmittelbaren Lebensraum gefährdet sind, und folgten dabei der amerikanischen Tradition, die die Vorsitzende der UN-Kommission Eleanor Roosevelt auf der Webseite der Vereinten Nationen so formuliert hat: »Where, after all, do universal human rights begin? In small places, close to home so close and so small that they cannot be seen on any maps of the world.« Auf diese Weise haben wir beim Austausch voneinander die unterschiedlichen Zugänge gelernt, die Verstehen und Handeln von der lokalen bis zur globalen Ebene ermöglichen. Sophie Scholl und Martin Luther King Eine gemeinsame Exkursion zu den Amish im Westen Pennsylvanias hat die Themen Verfolgung, Flucht und Religionsfreiheit weiter vertieft. Dort hat der Besuch des Dokumentationszentrums »The Amish Experience« den Schülerinnen und Schülern nicht nur die historische Migration von Europa nach Nordamerika veranschaulicht, sondern auch die Konfliktsituation junger Angehöriger der Amish Community heute, sich entscheiden zu müssen zwischen ihrer familiären Glaubensgemeinschaft und dem Leben in der amerikanischen Mehrheitsgesellschaft. Abschließend haben die Schülerinnen und Schüler am Pestalozzi-Gymnasium ein Wandbild entworfen. Der internationale Charakter spiegelt sich hier in den Gesichtern von Sophie Scholl und Martin Luther King, der Titel »Die Würde des Menschen ist antastbar« kommt unerwartet und fordert zur Auseinandersetzung auf. Viele sind vor dem Wandbild stehen geblieben und haben diskutiert. Die 18-jährige Amelie resümiert: »Auch wenn es uns bestens geht, setzen wir uns damit auseinander und machen auch andere Menschen anhand des Wandbildes darauf aufmerksam, wie wichtig die Menschenrechte sind.« Und Beteiligte Schulen Pestalozzi-Gymnasium München und Boyertown High School, Pennsylvania Förderung Flugkostenzuschüsse und Projektförderung aus Mitteln des Auswärtigen Amtes sie fügt hinzu: »Man kann auch selbst zum Beispiel als Konsument etwas an seinem Verhalten ändern.« Nach dem Transformationsindex der Bertelsmann Stiftung, der alle zwei Jahre die Lage von Demokratie und Marktwirtschaft weltweit einschätzt, hat sich die politische Situation aktuell in vielen Ländern verschlechtert, auch in Europa. Antidemokratische Stimmungen nehmen zu, Staaten schotten sich ab oder rutschen gar ab in eine Diktatur. In dieser politischen Atmosphäre sind auch Rassismus und Antisemitismus zunehmend salonfähig geworden. Um dem Ungeist der Zeit entgegenzuwirken, zielt unser deutsch-amerikanisches Schülerprojekt besonders auf die junge Generation, universale Menschenrechte, Rechtsstaatlichkeit und Respekt vor anderen einzufordern und den Diskurs in die Mitte der Gesellschaft zurückzuholen. — Der Autor unterrichtet Englisch und Geografie am Pestalozzi-Gymnasium München und leitet gemeinsam mit Chad Donovan von der Boyertown Area Senior High School den GAPP-Austausch. »Human dignity implies that no person should be forced to do anything they do not wish to. Human dignity implies the autonomy of an individual. Human dignity and human rights go hand in hand, as human rights work to uphold the state of human dignity.« Brynna, 17 Jahre Projektseminar Die Schülerinnen und Schüler der gymnasialen Oberstufe wählen nach fachlichen Neigungen ein projektorientiertes Seminar über drei Semester, kurz P-Seminar, das Projektarbeit methodisch einüben zugleich auf Studium und Beruf vorbereiten soll. »Die Menschenwürde ist ein von der Gemeinschaft jedem Einzelnen gegebener persönlicher Schutzschild, der nicht verhandelbar ist.« Kontakt Dr. Veit Buntz m veitbuntz@web.de Matteo, 16 Jahre »Human rights: Those rights that every single human being should be afforded, life, liberty, property, and equal treatment under the law. Human dignity: The treatment of an individual as equal to others without bias based on religion, ethnicity, or financial status.« Chad Donovan, GAPP-Koordinator an der Boyertown High School 30

Publikationen

Folgen Sie dem PAD