Lange Zeit galten die digitalen Bürger als Nutzer von Technik (reine Empfänger, Konsumenten). Jetzt sehen wir, dass digitale Bürger auch aktive Teilnehmer sein können. Ihr Engagement beschränkt sich nicht auf den Konsum digitaler Güter und Inhalte, sondern schlägt sich auch in der Erstellung digitaler Inhalte, der Entwicklung von Tools, Apps, Codes und Verfahren nieder. Junge Menschen produzieren jede Menge digitale Inhalte: Sie machen und teilen Fotos, Videos, Multimediadateien, Texte und verbreiten Meinungen. Wenn sie mehr produzieren als konsumieren, können digitale BürgerInnen die Landschaft der digitalen Gesellschaft mitgestalten und sie besser verstehen. Wenn es beispielsweise um Programmierung und ihre Vorteile für die Bildung geht, dann wird immer so argumentiert, dass Programmieren es den SchülerInnen ermöglicht, selbst etwas zu schaffen statt nur Vorhandenes zu nutzen. Das stimmt. Durch die Beschäftigung mit Codierung und Programmierung lernen sie aber auch, zu verstehen, wie die digitale Gesellschaft, in die sie jeden Tag eintauchen, funktioniert. Man kann sich die digitale Teilhabe als vierstufigen Prozess vorstellen. Es gibt jene, die sich versteckt halten, beobachten, zuschauen, die digitale Welt nur als Konsumenten und Zuschauer nutzen. Dann gibt es jene, die sich beteiligen, indem sie Informationen und Inhalte teilen, Menschen miteinander vernetzen, über Ideen berichten, die es wert sind, verbreitet zu werden. Auf der dritten Stufe befinden sich jene, die neue Inhalte, neue Verfahren, neue Tools und damit eine neue Art der Kommunikation mit anderen digitalen Bürgern und der Zugehörigkeit zu einer digitalen Gesellschaft entwickeln. Und auf der obersten Stufe stehen jene, die das Potenzial der Technik für eine bessere Gesellschaft nutzbar machen. Diese letztgenannte Gruppe umfasst jene, die sich engagieren, um die Zukunft des Web mitzugestalten genau wie jene, welche die Zukunft der Gesellschaft als Ganzes durch digitale Mittel mitgestalten wollen. Wir sollten die Bedeutung einer umfassenden und regelmäßigen Beteiligung der Jugend an Debatten zur Internet-Regulierung anerkennen 7 , indem wir selbst uns das erforderliche Wissen und die Kompetenzen aneignen, um das Verständnis für und die Bildung von persönlichen Meinungen dazu, wie das Internet-Ökosystem funktioniert, zu fördern. Junge Menschen können befähigt werden, an der Ausgestaltung eines besseren Internet mitzuarbeiten. Wenn sie nicht zur Gruppe auf der vierten Stufe gehören möchten, können sie immer noch durch die Förderung positiver Werte und Verhaltensweisen für eine bessere digitale Umwelt sorgen. Gleichzeitig sollten wir die Rolle der Jugend in der Interaktion als digitale BürgerInnen in und mit der Gesellschaft anerkennen. Wir beobachten, wie sich Verfahren wie beispielsweise Online-Petitionen ihren Platz im bürgerschaftlichen Engagement erobern. Digitale Werkzeuge und Mittel werden auch genutzt, um für „Transparenz“ in der Politik zu werben und es den BürgerInnen zu ermöglichen, anders zusammenzutreten. Ich werde geschützt – und schütze Andere Bürger werden per definitionem von dem Land, zu dem sie gehören, geschützt. Schutz ist auch eines der Rechte, die Menschen genießen, wenn sie online sind. Technik bietet Chancen – und birgt Risiken. Obwohl Risiko nicht unbedingt Schaden bedeutet, kann sich Schaden negativ auf den Genuss der digitalen Bürgerschaft auswirken. 7 https://webwewant.org/ 12
Digitaler Zugang setzt junge Menschen nicht nur einem möglichen Risiko aus, sondern erhöht auch ihre digitalen Fähigkeiten und ihre Sicherheitskompetenz. Das bedeutet, dass aktive Nutzer eine größere Wahrscheinlichkeit haben, wehrhafte Technologienutzer zu werden. Deshalb müssen Politik, Schule, Eltern und sonstige Beteiligte spezifische Strategien umsetzen, um das Recht von Kindern auf Schutz durchzusetzen, ohne dabei ihr Recht auf Teilhabe einzuschränken. 8 Viele junge Menschen sind ExpertInnen darin, Erwachsenen zu erklären, was sie tun müssen, um ihre eigene Sicherheit im Internet zu gewährleisten. Weniger sicher ist hingegen, inwiefern sich dies in einer Veränderung ihres Verhaltens niederschlägt. Eine vernünftige und wirksame Strategie besteht darin, Kinder und junge Menschen zu ermutigen, sich nicht nur in ihrem eigenen Online-Verhalten, sondern auch in der Art und Weise, wie sie Andere unterstützen, verantwortungsbewusst zu verhalten. Fragen Sie eine Gruppe von Menschen (und nicht nur junge Leute), wie viele von ihnen im Internet bereits etwas Unangemessenes beobachtet haben. Ihre Zahl wird sehr hoch sein. Fragen Sie dieselbe Gruppe, wie viele von ihnen diesen Inhalt dem Anbieter oder einem Erwachsenen gemeldet haben. Die Zahl wird sehr viel geringer ausfallen. Genau so könnte man fragen, ob Schulen und Eltern ausreichend auf präventive oder korrigierende Maßnahmen vorbereitet sind, wenn Dinge falsch laufen. Kinder und Jugendliche haben spezifische Bedürfnisse und verdienen Schutz und Sicherheit. Wie in der realen Welt müssen bestimmte Schutzmaßnahmen ergriffen werden. 9 Kinder und Jugendliche sollten außerdem Raum haben, zu experimentieren und aus ihren Fehlern zu lernen, ohne dass jeder Klick und jedes Like dokumentiert und nachverfolgt werden. Sie sollten angehalten werden, die Rechte Anderer zu respektieren und zu schützen. Das ist eine große Verantwortung, die wir alle teilen. Ich verfüge über digitale Kompetenzen Am Wendepunkt der digitalen Bürgerschaft sind digitale Kompetenzen der Einstieg in diese virtuelle Welt. In einer immer digitalisierteren Gesellschaft können wir die digitale Bürgerschaft als ein Recht betrachten. Digitale Kompetenzen versetzen uns in die Lage, von diesem Recht Gebrauch zu machen. Allerdings sollten wir digitale Kompetenzen nicht als die reine Fähigkeit zum Umgang mit Geräten ansehen. Wir sind der Ansicht, dass Bewusstsein und Toleranz, demokratische Werte und Verantwortung Teil der Kompetenzen sind, die wir brauchen, um digitale Bürger zu werden und zu sein. Vor diesem Hintergrund kommt der Bildung eine bedeutende Rolle zu, denn sie kann die Zukunft einer vernetzten Generation von Anfang an mitgestalten. Jeder Schüler muss digitale Kompetenzen erwerben, die es ihm ermöglichen, seinen Platz in der digitalen Gesellschaft zu finden und sich darin sicher, verantwortungsbewusst und kreativ zu bewegen. Anusca Ferrari und Hans Martens Digital Citizenship Programme Team, European Schoolnet 8 https://www.betterinternetforkids.eu/web/portal/practice/awareness/detail?articleId=687352 9 http://www.enacso.eu/wp-content/uploads/2015/12/free-isnt.pdf 13
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