internationales preisträgerprogramm Es müssen nicht immer hochwertige Dokumentationen oder anspruchsvolle Kultursendungen sein: Laura Ilmonen aus Finnland entdeckte durch eine TV-Soap ihre Leidenschaft für Deutsch als Fremdsprache. austausch bildet von martin finkenberger, pad W er irrtümlich ins Nachmittagsprogramm der ARD zappt, kommt am »Sturm der Liebe« nicht vorbei: Seit fast zwanzig Jahren wird die TV-Soap ausgestrahlt, die im Stil eines modernen Märchens über Herz und Schmerz der Menschen im 5-Sterne-Hotel »Fürstenhof« erzählt. Mehr als 4 000 Folgen gibt es inzwischen, und mindestens bis 2027 soll es damit weitergehen. Was viele für trashig und trivial halten, hat bei Laura Ilmonen allerdings dafür gesorgt, dass sich der Bildungsauftrag des öffentlich-rechtlichen Fernsehens in ungewöhnlicher Weise verwirklichen konnte. Denn ohne die Seifenoper hätte sie niemals so gut Deutsch gelernt: »Die Serie war in Finnland im Original mit Untertiteln zu sehen und meine Mama war ein großer Fan, sodass ich als Kind immer interessiert zugehört habe«, erinnert sie sich. Welcher Sprachschatz ihr durch den »Sturm der Liebe« wie nebenbei zugeflogen war, sollte sich kurz darauf an anderer Stelle zeigen. Als sie 2017 an einem Gymnasium in Helsinki mit Deutsch als Fremdsprache begann, war ihre Lehrerin so angetan von Laura Ilmonens Kenntnissen, dass die Schülerin gleich zu den Fortgeschrittenen steckte. Drei Jahre lang besuchte Laura Ilmonen die Kurse, die sie mit der besten Note abschloss. »Und das, obwohl andere Schülerinnen und Schüler Deutsch schon von Grundschulzeiten an gelernt hatten. So richtig erklären konnte sich das keiner, ich auch nicht«, sagt sie. Ihre Lehrerin machte Laura Ilmonen auch aufmerksam auf das Internationale Preisträgerprogramm des PAD, für das sie sich 2019 erfolgreich bewarb. So kam es, dass sie damals im Sommer als eine von vier jungen Finninnen und Finnen ausgezeichnet wurde. »Sie haben gewonnen«, teilte ihr ein Mitarbeiter der Deutschen Botschaft telefonisch mit. Digitales Hinterland Vier Wochen konnte sie so in einer bunt gemischten Gruppe mit weiteren Preisträgerinnen und Preisträgern aus Brasilien, Rumänien, Südafrika und Vietnam das Land erkunden: Neben den Exkursionen nach Bonn, Berlin und München standen auch zwei Wochen Schulbesuch in Dormagen (Nordrhein-Westfalen) nebst Aufenthalt in Gastfamilien auf dem Programm. »Wir haben in dieser 24
Erfahrungen 25 Zeit nur Deutsch gesprochen und hatten damit die tolle Möglichkeit, die Sprache in der Praxis anzuwenden«, sagt sie. Und natürlich lernten sie so auch den Alltag in Deutschland kennen, wie ihn kein Schulbuch vermittelt. Dass hierzulande Verwaltungsakte oft noch über Papierformulare laufen, während in ihrer Heimat fast alles digital erledigt werden kann, war einer der markanten Unterschiede, die Laura Ilmonen beobachten konnte. Ähnliches gilt für die Liebe der Deutschen zum Bargeld. »Kartenzahlung ist an vielen Stellen unüblich, sodass man immer ein paar Münzen im Geldbeutel haben sollte«, stellte sie seinerzeit fest. Besonders in Erinnerung blieb ihr auch ein Erlebnis, das sie ihrer Gastschwester verdankte: Die hatte eben das Abitur bestanden, das an der Schule entsprechend gefeiert wurde. Für Laura Ilmonen stand fest, dass sie nach dem Abitur in Deutschland studieren wollte, wäre nicht die Pandemie dazwischengekommen. »Mein Plan wurde durch Covid leider ausgebremst«, erinnert sie sich. Stattdessen schrieb sie sich in Helsinki für das Studienfach Tourismusmanagement ein. 2022 gelang ihr dann aber doch der Sprung: Mit einem Erasmus-Stipendium verbrachte sie das Sommersemester an der International School of Management (ISM) in Dortmund, das wiederum sie darin bestärkte, sich nach ihrer Rückkehr zusätzlich für Germanistik zu immatrikulieren. »Mich interessiert vor allem, wie eine Sprache funktioniert und wie sie durch ihre Grammatik strukturiert wird«, sagt sie. Um sich gründlicher damit auseinanderzusetzen, kam sie in diesem Jahr erneut mit Erasmus nach Deutschland, diesmal nach Würzburg. Um »Sprachwissenschaftliche Zugänge zur Mehrsprachigkeit« ging es in einem der Seminare, die sie hier im Sommersemester besuchte. Zur Person Heimatland Finnland Preisträgerin 2019 Heute Tourismus- und Germanistikstudentin »Übung macht den Meister«. Warum? Weil jeder Erfolg auch viel Übung erfordert. Lieblingsredewendung Trikot, Schal und Sticker Leidenschaft Fußball: In Dortmund feuerte Laura selbstverständlich den BVB an. Genug Zeit bleibt allerdings auch für ihre Leidenschaft abseits von Hörsälen, nämlich ihre Begeisterung für die Fußballbundesliga und den BVB Dortmund: »Als Jugendliche habe ich selbst einige Zeit Fußball gespielt und die Bundesliga im Fernsehen verfolgt«, erinnert sie sich. Dass sie damals zum Fan von Bayern München wurde, mag als lässliche Verirrung der Jugend gelten. In Dortmund allerdings wollte ihr niemand das durchgehen lassen. So verstand es sich fast von selbst, dass die Kicker in Schwarz-Gelb ihre neue Lieblingsmannschaft geworden sind, die sie nach Kräften angefeuert hat: »Ich habe damals so viele Spiele wie möglich besucht und mir im Fanshop natürlich auch Trikot, Schal und Sticker gekauft.« Wohin Laura Ilmonen es beruflich ziehen wird, ist noch offen, auch wenn sie bereits einige Ideen hat. »Mein Traum wäre es, als Diplomatin der finnischen Botschaft in Deutschland zu arbeiten«, sagt sie. Um sich für das anspruchsvolle Auswahlverfahren eine Tür zu öffnen, studiert sie deshalb im Nebenfach zusätzlich »Weltpolitik«. Als Alternative kann sie sich aber auch einen Beruf in der Tourismusbranche vorstellen, bei dem sich ihre Leidenschaften für Sprachen und Reisen kombinieren lassen. In jedem Fall aber möchte sie Schülerinnen und Schüler ermutigen, eine Sprache zu erlernen. »Meine frühere Deutschlehrerin hat mich schon ein paar Mal an meine frühere Schule eingeladen, um über meine Erfahrungen in Dortmund oder Würzburg zu berichten.« Und sogar von der Deutschen Botschaft in Helsinki wurde sie unlängst angesprochen. Ob sie nicht einen Messestand unterstützen wolle, an dem über Studienmöglichkeiten in Deutschland beraten werde, wurde sie gefragt. »Der Mitarbeiter der Botschaft, der mir dazu eine E-Mail geschrieben hat, war dabei der gleiche, der mir ein paar Jahre vorher telefonisch mitgeteilt hatte, dass ich für das Internationale Preisträgerprogramm ausgewählt worden war.«
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