Fremdsprachenassistentenprogramm Der Deutsche mit der Ente Unternehmen, die mit Instituten und Forschungseinrichtungen der Universität Gießen kooperieren wollen, finden in Ulrich Dölp den richtigen Ansprechpartner in der Hochschulverwaltung. Als Leiter der Stabsabteilung für Wissenschafts- und Technologietransfer hilft der promovierte Germanist dabei, dass Theorie und Praxis zusammenfinden. Vor 30 Jahren war er Fremdsprachenassistent in Quimper in der Bretagne. interview martin finkenberger, pad 32 austausch bildet
33 Illustrationen: Jeanette Corneille Sie kommen aus einer Lehrerfamilie, sind aber, was Ihren Berufsweg betrifft, aus dieser Tradition ausgebrochen: War Ihre Zeit als Fremdsprachenassistent so anstrengend, dass Sie genug vom Unterricht im Klassenzimmer hatten? Überhaupt nicht. Ich hatte keinen Praxisschock und der Unterricht mit Kindern hat mir großen Spaß gemacht. Dass ich nicht Lehrer werden wollte, stand schon zu Beginn meines Studiums fest – in meiner Familie gab es einfach zu viele davon. Deshalb hatte ich mich für Germanistik und Romanistik im Magisterstudiengang eingeschrieben. Da Französisch nur das zweite Nebenfach war, schnitt ich aber in den sprachpraktischen Übungen schlecht ab. Mir war somit klar, dass ich längere Zeit in Frankreich leben und dort die Sprache lernen und sprechen müsste. Das Fremdsprachenassistentenprogramm schien mir dazu gut geeignet zu sein. Wurden Sie als Magisterstudent beim Auswahlgespräch nicht kritisch beäugt? Natürlich wurde ich im Kultusministerium gefragt, weshalb ich nicht für das Staatsexamen eingeschrieben sei. Meine Antwort scheint die Kommission aber überzeugt zu haben: Ich wies darauf hin, dass ich beabsichtige, Hochschullehrer zu werden. Und dazu wollte ich wissen, wie Unterricht an Schulen in der Praxis funktioniert. Das war nicht geflunkert? Keineswegs. Die Zeit als Fremdsprachenassistent hat mich sogar motiviert, im Hauptstudium ein Zusatzzertifikat für »Deutsch als Fremdsprache« zu erwerben. Ich habe dann anschließend einige Jahre Erasmus-Studierende in Trier unterrichtet. War die Bretagne Ihre Wunschregion? Als erste Wahl gab ich in meiner Bewerbung Grenoble an. Da das Programm von Oktober bis Mai lief, glaubte ich, in der schneesicheren Saison viel Zeit zum Skifahren zu finden. Mir wurde allerdings hinterher klar, wie begehrt die Schulen dieser Académie waren – auch unter französischen Lehrkräften. Die Bretagne hatte ich ebenfalls angegeben, da ich die Region bereits ein wenig kannte. Nach dem Abitur und vor dem Wehrdienst tourte ich mit einem Freund mehrere Wochen auf meiner Vespa an der Küste entlang und durch die Städte. Die Bretagne hat mich schon damals sehr angesprochen. Am Collège de Kermoysan haben Sie dann allerdings den französischen Alltag von einer anderen Seite kennengelernt. vieles, was als typisch französisch galt, gibt es in unserem stark normierten europa nicht mehr. Die Schule lag, wie man heute sagen würde, in einem sozialen Brennpunkt. Das Leistungsniveau war nicht mit dem am benachbarten Lycée zu vergleichen, an das eher bürgerliche Familien ihre Kinder schickten. Dort gab es auch eine Fremdsprachenassistentin, mit der ich abends öfters in der Schulkantine gegessen habe und mich über die Erlebnisse im Unterricht austauschen konnte. Die Unterschiede waren eklatant. Inwiefern? Am Collège war Unterricht nur auf Deutsch kaum möglich. Selbst in den »classes bilingues« musste ich immer wieder auf Französisch zurückgreifen. Mit den jüngeren Klassen, die gerade erst mit dem Deutschlernen angefangen hatten, war ich deshalb bei schönem Wetter viel auf dem Sportplatz. »Monsieur, Monsieur, un jeu«, hieß es immer, und die Kinder haben dann »Fischer, Fischer, welche Fahne weht heute« gerufen – mit einem wunderschönen Akzent. Und Schülerinnen und Schüler der höheren Klassen? Sie waren an sich offen, mehr über Deutschland zu erfahren, zumal, wenn das nicht mit den üblichen Grammatikübungen verbunden war. Mit Liedtexten von Nena oder BAP, die damals aktuell waren, und mit Themen der Popkultur oder aus dem Bereich der Mode konnte ich durchaus ihr Interesse wecken. Auf Empfehlung des Deutschlehrers hatte ich zudem viele Prospekte von Fremdenverkehrsämtern und Dias von Burgen des Rheingaus mitgebracht. Das war gut für landeskundliche Einheiten. Wie traten die Menschen in der Region Ihnen gegenüber auf? Die vielen Bunker an der Küste erinnern ja heute noch daran, welche zerstörerische Wirkung Deutsche ein paar Jahrzehnte zuvor zu verantworten hatten. Ich war angesichts der Vorgeschichte angenehm überrascht, denn die Menschen waren allesamt sehr freundlich. Es gab keine Vorbehalte oder Ressentiments, auch nicht unter älteren Bretonen, die ich kennengelernt habe. Einmal passierte es mir zwar, dass mir ein älterer Herr sein Gewehr zeigte und stolz darauf verwies, jede Kerbe stehe für einen »erlegten« Deutschen. Für ihn war das aber ein Spaß
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