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Austausch bildet Juni 2015

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Das neue halbjährlich erscheinende Magazin des PAD löst "PAD aktuell" ab. In der Ausgabe Juni 2015 lesen Sie im Schwerpunkt "Europa plus" Beiträge über Partnerschaftsprojekte mit Schulen in Osteuropa und Anrainern am Mittelmeer. Weitere Themen sind Erfahrungen mit Erasmus+, mit dem deutsch-französischen Freiwilligendienst, mit dem German American Partnership Program (GAPP) und dem Austausch von Fremdsprachenassistenten.

armenien Botschafter in

armenien Botschafter in Turnschuhen »Armenien ist kein typisches Ziel einer Traumreise«, sagt Robin Shakibaie. Umso mehr weiß der »kulturweit«-Freiwillige das Interesse der Schülerinnen und Schüler zu schätzen, denen er die deutsche Sprache und Kultur näher bringen will. austausch bildet von robin shakibaie D ass Kinder in den Herbstferien lieber in der Schule bleiben, anstatt ihre Freizeit anderweitig zu verbringen, würde man in Deutschland nie erleben. Allerdings würde man in Deutschland auch nicht vermuten, dass Kinder beim Einkochen von Obst und Gemüse für den Winter helfen. In den ländlichen Regionen Armeniens ist dies der Fall. Um also den Schülerinnen und Schülern eine Ausrede zu geben, am heimischen Küchentisch keine Karotten schälen zu müssen, haben wir, die vier »kulturweit«-Freiwilligen in Armenien (neben mir auch Elene Chikava, Leonie Thies und Moritz Schlör), einen Projekttag an einer Schule in dem Dorf Sardarapat organisiert. Mit den Kindern wurde an verschiedenen Stationen gemalt, gebastelt, gespielt und musiziert. Zum Abschluss haben wir gemeinsam mit viel Spaß Waffeln gebacken. Zugegeben, es ist etwas zu überspitzt dargestellt, denn die Schüler/-innen sind nicht bloß gekommen, um sich vor der Hausarbeit zu drücken, sondern weil sie gerne Deutsch lernen und sich gerne auch in ihrer Freizeit mit der Sprache befassen. Wir alle hatten einen tollen Tag und waren sehr beeindruckt, wie positiv das Projekt angenommen wurde. Insbesondere Kinder außerhalb der Hauptstadt Yerevan nehmen gerne an Aktivitäten der Schule teil. In kleineren Orten gibt es, neben dem Konservieren von Lebensmitteln, nicht viele Freizeitangebote. Die Motivation, Deutsch zu lernen, ist daher recht hoch. Sie kommen gerne in die Schule, schließlich bieten Fremdsprachenkenntnisse den Jugendlichen die Perspektive, eines Tages im deutschsprachigen Ausland zu studieren und zu arbeiten. Ähnlich, wenn auch nicht mit ganz so viel Elan, verhält es sich an Schulen in Yerevan. Dort bieten zwei Schulen das Deutsche Sprachdiplom I der Kultusministerkonferenz (DSD I) an – darunter die 60. Grundschule »Vahan Teryan«, an der ich eingesetzt werde. Und an einer weiteren Schule lässt sich die Prüfung zum DSD II ablegen. Natürlich stehen den Schülerinnen und Schülern der Hauptstadt auch andere Türen offen. Trotzdem gibt es immer einige, die sich besonders für die deutsche Kultur interessieren oder als Ziel Mittel- und Westeuropa vor Augen haben. Krippenspiel zur Weihnachtszeit Im Alltag unterstützen wir die Schulen so gut es geht bei allen anfallenden Arbeiten. Das reicht vom Helfen bei Phonetik-Einheiten bis hin zum Dekorieren der Klassenräume. Als Muttersprachler sind wir gefragt, viel mit den Schülerinnen und Schülern zu sprechen, damit sie ein Gefühl für die korrekte Foto: Fotograf / photocase.de 8

Schwerpunkt »Europa plus« 9 Aussprache und Intonation entwickeln. Nach dem Unterricht bieten wir verschiedene Arbeitsgemeinschaften an, zu denen die Schülerinnen und Schüler freiwillig kommen können. Neben Sport- und Musikangeboten erfreut sich die Theater-AG großer Beliebtheit. In der Vorweihnachtszeit konnte so mit der sechsten Klasse ein Krippenspiel einstudiert und aufgeführt werden. Die Kinder haben sich sehr gefreut, ihre Deutschkenntnisse aktiv einzubringen und ihren Eltern ihre Fortschritte zu zeigen. Theaterstücke, Musik- und Sport-AGs sind aber nur ein Teil, der unsere Freiwilligenarbeit ausmacht. Oftmals agieren wir auch als Vermittler zwischen Schülerinnen, Schülern und Lehrkräften. Die Kinder sind dankbar und freuen sich immer, jemanden zu haben, dem sie auf Augenhöhe begegnen können. Bei all der Strenge und Disziplin, die im Unterricht an den Tag gelegt wird, ist es eine entspannende Abwechslung, sich locker im Stuhlkreis zusammenzusetzen und zu plaudern. Über Deutschland kommt man dabei auch ins Gespräch. »Meine Vorstellungen haben sich erfüllt« Sport, Musik und Theater-AG Doch was erzählt man den Menschen in Armenien über Deutschland? Ein modernes Deutschlandbild zu definieren und zu präsentieren, ist gar nicht so einfach. Viele sehen den hohen Lebensstandard, die politische Sicherheit und den frisch gekürten Fußball-Weltmeister. Aber wie identifizieren sich die Einwohner/-innen tatsächlich mit ihrem Staat? Das ist ein schwieriges Thema für den Unterricht, das sich kaum beantworten lässt. Denn am Ende stehe ich als »Botschafter in Turnschuhen«, als Person mit individuellen Gefühlen, einem individuellen Hintergrund und meiner eigenen Identität vor der Klasse. Als ich nach Armenien gegangen bin, hatte ich kaum eine Vorstellung davon, was mich in den folgenden 12 Monaten erwarten würde. Ich wollte raus von Zuhause, die Welt erkunden, eine neue Sprache lernen und etwas erleben. Armenien ist kein typisches Ziel einer Traumreise, in dem man ein Jahr nach dem Abitur verbringt, um Spaß zu haben. Aber meine Erwartungen haben sich erfüllt. Über den Freiwilligendienst »kulturweit« »kulturweit« richtet sich an junge Menschen zwischen 18 und 26 Jahren mit Abitur, Hochschuloder Berufsausbildung, die Interesse an kultur- und bildungspolitischem Engagement haben. Der Freiwilligendienst dauert 6 oder 12 Monate. Der PAD vermittelt in Zusammenarbeit mit der Zentralstelle für das Auslandsschulwesen (ZfA) Freiwillige an Schulen in Staaten Mittel- und Südosteuropas, der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten oder Staaten in Lateinamerika, Afrika oder in Teilen Asiens, die das Deutsche Sprachdiplom (DSD) der Kultusministerkonferenz anbieten, oder an Deutsche Auslandsschulen. Freiwillige erhalten ein Taschengeld von monatlich 150 € sowie eine Unterstützung für Unterkunft und Verpflegung von 200 €. Außerdem werden der Versicherungsschutz übernommen sowie Reisekosten und ein einwöchiger Sprachkurs im Gastland bezuschusst. Weitere Informationen: www.kulturweit.de Ich bin glücklich, dieses schöne Land mit seiner schwierigen Geschichte und seinen liebenswerten Menschen abseits des Bildes kennenzulernen, das in Deutschland durch Berichte über Grenzkonflikte und über den Völkermord an den Armeniern vor 100 Jahren geprägt ist. Und wenn sich auch nicht alle Ideen und Projekte umsetzen ließen, bin ich doch dankbar für die Erfahrungen, die ich mit »kulturweit« gemacht habe und für die Zukunft mitnehmen kann. — Der Autor ist von September 2014 bis August 2015 »kulturweit«-Freiwilliger in Armenien.

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