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Austausch bildet - Juni 2018

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Das Europäische Kulturerbejahr, ein deutsch-türkisches "Traumprojekt" und angehende Erzieherinnen und Erzieher, die tschechische Sagen als Kindertheaterstück umsetzen – in der neuen Ausgabe des Magazins "Austausch bildet" liegt der Schwerpunkt auf dem Thema "Kulturelle Bildung im internationalen Austausch". Außerdem werden die Aktivitäten rund um das 10-jährige Jubiläum der PASCH-Initiative vorgestellt und ehemalige Programmteilnehmer/-innen kommen zu Wort. Das Magazin erscheint zweimal im Jahr und kann kostenlos abonniert oder online gelesen werden.

Schwerpunkt »Kulturelle

Schwerpunkt »Kulturelle Bildung« 17 Projektergebnisse austausch bildet aachen prag Curricular knüpft das deutsch-tschechische Projekt an die Themenfelder »Sagen« und »Darstellendes Spiel« an. Beide Themenfelder sind Teil des Ausbildungsgangs zum Kinderpfleger. Die Lehrerinnen Ruth Fiand aus Aachen und Olga Sedlářová aus Prag haben die beiden Themenfelder für das europäische Projekt ausgewählt, weil sie mit Sagen und darstellendem Spiel alle Kinder erreichen können, ohne die Sprache des anderen Lands beherrschen zu müssen. »Beim darstellenden Spiel konnten sich die deutschen und tschechischen Schüler mit Händen und Füßen verständigen«, sagt Ruth Fiand. Außerdem könne man im darstellenden Spiel Emotionen »transportieren«, die sich sprachlich in der Fremdsprache nur schwer beschreiben ließen. Sagen spielen an bekannten Orten der Partnerstädte Wie wurde das Sagenprojekt organisiert? Die Lehrerinnen aus Aachen und Prag teilten das Projekt in zwei Phasen auf. Im ersten Jahr wurden Sagen der Heimatstädte gesammelt, ausgewählt und für Vorschul- und Grundschulkinder adaptiert. Die Schülerinnen und Schüler wählten vor allem Sagen ihrer Städte aus, die an bekannten Orten spielen – etwa dem Aachener Dom oder der Karlsbrücke in Prag. Anschließend bildeten sich deutsch-tschechische Tandems oder Paare, die via E-Mail und WhatsApp in Kontakt standen. Die Paare übersetzten die Sagen ins Englische, Deutsche und Tschechische. Ferner entstanden Glossare mit wichtigen Vokabeln. Wörter wie »Ungeheuer«, »Krallen« oder »Trunkenbolde«, die der Sage um das Bahkauv entstammen, wurden so Englische und Tschechische übersetzt. Infolgedessen fiel es den interkulturellen Tandems leichter, sich sprachlich zu verständigen. Darüber hinaus entwickelten die angehenden Kinderpfleger und Erzieherinnen Arbeitsmaterialien, die ohne Anleitung verstanden werden konnten: Malen nach Zahlen, Ausmalbilder, Suchbilder und Labyrinthe – Aufgaben, wie sie die meisten Kinder überall auf der Welt schon einmal gelöst haben. Im zweiten Jahr wählten die Schüler eine tschechische und eine deutsche Sage für Theateraufführungen in ihrer Partnerstadt aus. Dazu verfassten sie Theatermanuskripte, bauten Bühnenkulissen, fertigten Handpuppen an und texteten und komponierten Lieder. Schließlich entwarfen sie Tanzszenen und probten die Theateraufführung, eine Mischung aus Musik- und Tanztheater. Bei der didaktischen Bearbeitung der Sagen zur Theateraufführung kon- zentrierten sich die Schülerinnen und Schüler auf die jeweilige Kernbotschaft der Sage. »Was können wir vom Sprechen wegnehmen und wo können wir Gestik und Mimik sinnvoll einsetzen«, beschreibt Ruth Fiand den theaterpädagogischen Leitfaden. Trotz der langen Vorbereitung zweifelten einige Schülerinnen und Schüler aus Aachen allerdings zunächst, ob die für März 2017 geplante Aufführung der Sage vom Bahkauv in Prag klappen würde. »Wie soll das funktionieren, wenn die Kinder in Prag uns nicht verstehen?«, äußerten einige von ihnen Bedenken. Doch es kam alles anders: Bei der Aufführung im Gruppenraum der Prager Kita sei es mucksmäuschenstill gewesen. Gebannt schauten die Vorschulkinder aus Prag zu, wie das Ungeheuer Herumtreiber und Betrunkene verscheuchte, aber lieb zu Kindern und Frauen war. »Kernaussage intuitiv wahrgenommen« Programm Erasmus+ Schulbildung Projekttitel Didaktische Bearbeitung Aachener und Prager Sagen für Vorschul- und Grundschulkinder Beteiligte Einrichtungen Käthe-Kollwitz-Berufskolleg der Städteregion Aachen Vyšší odborná škola pedagogická a sociální, Střední odborná škola pedagogická a Gymnázium, Prag Laufzeit September 2015 bis August 2017 In den zwei Projektjahren entstanden umfangreiche Handbücher mit Sagentexten in Deutsch und Eng lisch sowie Kurzinformationen zu den Sagenorten und über 60 Arbeitsmaterialien allein in deutscher Sprache. Außerdem organisierten beide Projektpartner verschiedene Ausstellungen. Auf einer Projekthomepage stehen Videos der Theateraufführungen, Hörproben von den Sagen, Arbeitsmaterialien und Programmhefte der Theateraufführungen zum Herunterladen bereit. »Die Kinder in Prag haben die Kernaussage der Sage intuitiv wahrgenommen«, sagt Ruth Fiand. Das zeigten etwa ihre Reaktionen auf das Bahkauv, das alle nach der Aufführung einmal streicheln wollten. Ihre Projektpartnerin Olga Sedlářová bestätigte dies. In einer E-Mail teilte sie mit, dass auch ihr 5-jähriger Sohn die Sage von Max und dem Bahkauv noch immer gerne vorgelesen bekommen möchte. Ähnliche Rückmeldungen gab es in den tschechischen Kindergärten. Die dortigen Erzieherinnen berichteten, dass sie weiterhin mit den Sagen arbeiten. Auch die Schülerinnen und Schüler der KKS sind laut Ruth Fiand an ihren Aufgaben im Sagenprojekt gewachsen. So haben sie nun weniger Hemmungen, mit fremden Gruppen zu arbeiten. Und viel selbstverständlicher ist es für sie, auf Kinder und Familien mit Migrations- oder Fluchthintergrund zuzugehen, mit denen sie als angehende Kinderpfleger zu tun haben. »Wir haben unseren Kinderpflegern Befürchtungen und Ängste nehmen können, solche multikulturellen Projekte zu planen«, sagt Ruth Fiand. Wenn sie heute im Ausbildungsgang der Kinderpfleger Kinderliteratur behandelt, dann mit Blick über den deutschen Tellerrand. — Der Autor ist Bildungsfachjournalist in Bonn. EU-Zuschuss 21.775 € für die Schule in Deutschland Kontakt Ruth Fiand ruth.fiand@web.de Weitere Informationen praach.de 16

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