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Austausch bildet – Juni 2019

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Zum Jubiläum des Prämienprogramms stellt das Magazin Schulen vor, die in den letzten 60 Jahren Gastschüler aus aller Welt empfangen haben. Der europäische Austausch mit Erasmus+, der Schüleraustausch mit China und die Erfahrung ehemaliger Austauschschüler sind weitere Themen.

Schwerpunkt »60 Jahre

Schwerpunkt »60 Jahre Prämienprogramm« 13 Vage Vorstellungen austausch bildet Eine glückliche Qual Als junge Preisträgerin stand Chongling Huang 1988 erstmals vor Schloss Nymphenburg in München und war überwältigt von dem prachtvollen Ensemble. Dass sie später einmal in direkter Nachbarschaft arbeiten würde und täglich an der Residenz vorbeilaufen würde, ahnte sie damals nicht. von martin finkenberger, pad Ü ber ihr Lieblingssprichwort auf Deutsch muss Professorin Chongling Huang nicht lange nachdenken: »Wer die Wahl hat, hat die Qual«, lautet es. Etwas abwägen, sich entscheiden, vielleicht sogar ein Risiko eingehen das sind Situationen, vor denen Menschen in ihrem Leben immer wieder stehen. Welche Entscheidung aber sollen sie treffen, wenn jede Gabelung eine gleichermaßen attraktive Alternative eröffnet? Dann ist die Wahl auch eine »glückliche Qual«, die zu weiteren Leistungen anspornt. »Das Sprichwort hat mich deshalb immer motiviert, mich zu bemühen«, erläutert die Linguistin, die an der Tongji-Universität in Shanghai lehrt. Den Grundstein für solche Situationen einer »glücklichen Qual«, denen sie in ihrem Berufsleben immer wieder begegnet ist, legten zweifelsohne auch die ausgezeichneten Deutschkenntnisse, die sie in ihrer Schulzeit erworben hat. 1983 begann für sie der Unterricht an der »Fremdsprachenschule Nanjing«, einer Eliteschule, in die besonders talentierte Schülerinnen und Schüler aufgenommen wurden. Englisch, Französisch, Japanisch oder Deutsch wird dort intensiv und von Anfang an gelehrt. Wer aber welche Sprache lernt, konnte sie damals nicht beeinflussen. »Das entschied die Schule. Für uns war es allerdings nicht wichtig, welche Fremdsprache wir lernen würden, denn die Schule genoss ein hohes Ansehen«, erzählt sie. Natürlich hätten viele Eltern Englisch bevorzugt. »Als ich aber erfuhr, dass ich Deutsch lernen sollte, waren meine Eltern und ich auch zufrieden. Die Bundesrepublik galt schließlich als eines der modernsten Länder der Welt. Und ihre Sprache zu lernen bedeutete, dass ich später Gelegenheit zu Kontakten mit dem Land haben würde.« So kam es denn auch und sogar früher als gedacht. 1988 wurde sie als Teilnehmerin am Preisträgerprogramm des PAD ausgewählt. Fünf Jahre hatte sie seinerzeit jede Woche sieben Stunden Deutsch gelernt mit exzellenten Leistungen und zahlreichen Auszeichnungen. Die Einladung erreichte sie gleichwohl unerwartet. »Es war eine sehr große Überraschung für mich und für meine Familie«, erinnert sie sich. Denn die Gelegenheit zu solchen Exkursionen hätte seinerzeit nur wenigen Chinesen offengestanden. Auch ihre Vorstellungen über das Land waren zu diesem Zeitpunkt eher vage. Filme und Videos gab es damals nicht, nur gelegentlich Zeitschriften, die ein Lektor des DAAD den Schülerinnen und Schülern überließ. Das Bild eines »reichen« und »modernen« Landes, das sie so gewann, fand sie freilich nicht überall bestätigt. »In meiner Vorstellung hatten die Städte Wolkenkratzer wie Hongkong oder New York. In Wirklichkeit sind sie ganz ruhig, haben eine geringe Einwohnerzahl und sind feingliedrig konstruiert«, erinnert sie sich. Dass es allerdings Getränke- und Zigarettenautomaten gab, beeindruckte sie doch. Die gab es damals nämlich in China überhaupt nicht. Das Programm des PAD verschlug sie nach Ravensburg im idyllischen Voralpenland, wo sie »in einer der schönsten Gegenden der Welt« lebte und mit ihrer Gastschwester den Unterricht besuchte. An die zwei Wochen in ihrer Familie hat sie allerbeste Erinnerungen: »In den ersten Jahren danach haben wir immer Briefe gewechselt und noch heute ruft mich die Familie fast jährlich zu meinem Geburtstag an«, erzählt Chongling Huang. Zweimal bot sich sogar die Gelegenheit, in die Region rund um den Bodensee zurückzukehren, letztmals vor vier Jahren. Zu diesem Zeitpunkt nämlich hatte sie ihr Weg erneut nach Deutschland geführt, diesmal in beruflicher Mission. Nachdem sie in ihrer Heimat Germanistik studiert hatte, promoviert und auf eine Professur für Linguistik an der renommierten Tongji-Universität berufen worden war, wechselte sie für einige Jahre in den diplomatischen Dienst ihres Landes. 2014 kam sie als Bildungskonsulin nach Deutschland, wo sie am Generalkonsulat in München eingesetzt wurde. Dort gab es nicht nur Begegnungen mit bajuwarischer Lebensart, die sie als »offen, optimistisch, diszipliniert und selbstbewusst« charakterisiert, sondern auch ein Wiedersehen mit einer besonderen Erinnerung aus ihrer Zeit als Preisträgerin. Auf dem Programm 1988 in der bayerischen Landeshauptstadt stand unter anderem ein Besuch von Schloss Nymphenburg. »Als ich aus dem Bus ausstieg, kam das Schloss mit seinen außergewöhnlichen Rondellen in meinen Blick. Dieser Anblick hat mich so fasziniert, dass ich mir das Schloss später bei jedem Besuch in München angeschaut habe«, sagt sie. So war es mehr als nur ein glücklicher Zufall, dass sich das Generalkonsulat, in dem sie bis Ende 2018 arbeitete, in einer Villa nur einen Steinwurf entfernt vom südlichen Schlossrondell entfernt befand, das somit regelmäßig zu Spaziergängen einlud. Inzwischen hat Chongling Huang ihre Amtszeit im diplomatischen Dienst beendet und ist wieder auf ihren Lehrstuhl nach Shanghai zurückgekehrt. Ihrer Heimat auf Zeit wird sie allerdings bestimmt wieder einen Besuch abstatten. Wohin sie dort einer ihrer Wege führen wird, ist klar: »Wenn ich München wieder besuche, werde ich auf jeden Fall nach Nymphenburg zurückkehren, wo mein Traum verwirklicht wurde«, sagt sie. Die nächste Gelegenheit bot sich im März, als ihr die Teilnahme an der Jubiläumsveranstaltung des PAD zum 60. Geburtstag des Preisträgerprogramms auch einen Abstecher in den Süden erlaubte. Zur Person Heimatland China Preisträgerin 1988 Heute »Kulturelle Unterschiede sind kein Hindernis für die Begegnung, wenn die Menschen offen und tolerant sind und guten Herzens miteinander umgehen. Die Zusammenarbeit mit Kollegen in Deutschland und anderen Ländern verläuft umso problemloser, je besser man die Schwierigkeiten der Gegenseite versteht.« Professorin an der Tongji-Universität Shanghai Professorin Chongling Huang 12

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