Aufrufe
vor 2 Jahren

Austausch bildet - Juni 2021

  • Text
  • Projekt
  • Programm
  • Bildet
  • Erfahrungen
  • Europa
  • Schule
  • Deutschland
  • Menschen
  • Schulen
  • Austausch
Das Magazin „Austausch bildet“ des PAD veröffentlicht Beiträge zur Praxis im internationalen Schulaustausch. "Das Plus für Schulen" lautet das Motto der Juniausgabe, die zeigt, welche Erfahrungen Schulen und Kitas mit dem europäischen Bildungsprogramm Erasmus+ sammeln. Sie können das Heft kostenlos im PAD-Webshop bestellen. www.kmk-pad.org/shop

Erasmus+ Schulbildung

Erasmus+ Schulbildung austausch bildet fortbildungen Kitas der Auf Fortbildungen in Estland und Schweden haben Erzieherinnen Impulse für ihre Arbeit erhalten. Ein Schwerpunkt waren die digitale Mediennutzung sowie Teilhabe und Inklusion. Begleitet wurde das Erasmus+ Projekt vom Staatsinstitut für Frühpädagogik (IFP) in München. von iris ollech M it ihren Kulleraugen und breitem Lächeln kann sich die schwarz-gelb gestreifte Plastikbiene der Aufmerksamkeit der Kinder sicher sein. Doch das handtellergroße Insekt ist kein einfaches Spielzeug, sondern ein kleines Technikwunder. Der »Bee- Bot« lässt sich über Knöpfe und Pfeiltasten auf dem Rücken zum Laufen bringen und in verschiedene Richtungen steuern. Schon die Kleinsten lernen mit der putzigen Biene spielend programmieren. Doch Miniroboter wie diese kommen in Kitas noch selten zum Einsatz. Das Staatsinstitut für Frühpädagogik (IFP) in Bayern bietet deshalb Fortbildungen im europäischen Ausland an, um Vorschuleinrichtungen für die digitale Zukunft zu rüsten. Von Estland lernen Gisela Schmeizl, die den Katholischen Kindergarten Obernzell im Landkreis Passau leitet, nahm 2019 an Hospitationen im digitalen Vorzeigestaat Estland teil. Tablets und Lernroboter gehören in den dortigen Kitas ebenso selbstverständlich zur Ausstattung wie Malstifte und Bauklötze. Davon war die 63-Jährige so begeistert, dass mittlerweile nicht nur die programmierbaren Bienen durch ihre Einrichtung summen, sondern auch hilfreiche Apps im Einsatz sind, um mit den Eltern zu kommunizieren und die Verwaltungsarbeit zu erleichtern. Der Kindergarten war eine von hundert Einrichtungen in Bayern, die im Rahmen eines Modellprojekts des IFP zur Verbesserung der Medienkompetenz großzügig mit Computern, Tablets, Kameras und Beamern ausgestattet wurden. Unterstützung erhielt das gesamte Kitateam durch Mediencoaches. »Sie haben uns viele Ängste und Unsicherheiten im Umgang mit den Neuen Medien genommen und uns gezeigt, dass die Bedienung keine Zauberei ist«, erinnert sich Gisela Schmeizl. Als »Digital Native« ist der 27-jährigen Erzieherin Katrin Kieninger vom Kindergarten St. Anna im niederbayerischen Büchlberg der Umgang mit Computer und Co. sozusagen in die Wiege gelegt. Dennoch war sie bei der fünftägigen Fortbildung in Estland beeindruckt, wie früh die Kinder dort das Programmieren lernen und ihre Fähigkeit zur Problemlösekompetenz und zum Teamwork geschult wird. Den Einsatz Neuer Medien im Vorschulalter betrachtet sie aber auch kritisch. »Wir setzen die Kindergarten-App Leandoo ein, aber Roboter haben wir bisher nicht angeschafft. In den Familien gibt es schon viele Medien, da müssen sie nicht unbedingt auch noch im Kindergarten im Fokus stehen«, sagt sie. Ihrem Einsatz setzt das fehlende WLAN-Netz der Einrichtung ohnehin Grenzen. Dennoch suchen Katrin Kieninger und ihre Kolleginnen immer wieder nach Möglichkeiten, Analoges mit Digitalem zu verbinden. Wie im »Schneelabor«, das im Winter auf der Dachterrasse aufgebaut ist. Hier können die kleinen Forscherinnen und Forscher Kristalle unter dem Mikroskop untersuchen, ihren Namen in Eisscheiben kratzen, aber auch Fotos mit der Digitalkamera knipsen und die Bilder bearbeiten. Europäische Bildungsimpulse »Über den Tellerrand hinauszuschauen, neue Anregungen zu erhalten und sich dann das Beste rauszusuchen«, betrachtet Katrin Kieninger als größten Gewinn ihrer Fortbildungen. Deshalb zögerte sie keinen Augenblick, als sie das Angebot erhielt, an einer dreitägigen Fortbildung zu den Themen Partizipation und Inklusion in Schweden teilzunehmen. Auf die Mitsprache von Kindern und ihre gleichberechtigte Teilhabe bei Entscheidungen legen die Skandinavier großen Wert. Überraschend fand die Erzieherin, dass die Kitakinder dort angehalten werden, zu einer einmal getroffenen Entscheidung zu stehen. Wer nicht 20

21 Zukunft nachgefragt mehr im Werkraum sägen, sondern lieber in der Leseecke schmökern möchte, wird ermutigt, trotzdem dabei zu bleiben. »Wir gewähren ihnen mehr Freiheiten, trotzdem ist es ein interessanter Ansatz, mit dem ich mich gerne weiter auseinandersetzen möchte«, meint die Erzieherin. Auch Clarissa Körner-Bertele von der Städtischen Kinderkrippe München nahm an Fortbildungen teil. Ihre Kinderkrippe bietet Freilandpädagogik an, bei der die Kleinen die Natur und Kultur ihrer Stadt erkunden. Die 52-Jährige ist Mitglied im Praxisbeirat des IFP. Gemäß dem Beiratsmotto »Voneinander lernen und profitieren« teilt sie ihr neu erworbenes Wissen gerne mit ihrem Team. »Hospitationen bieten die Chance, dass Europa ein Stück zusammenrückt«, sagt sie. Was sie bei den Kitabesuchen in Schweden und Estland und bei Vorträgen erlebt hat, hat sie in ihrem »Lerntagebuch« notiert. »In Estland hat mich beeindruckt, wie Digitalisierung fast alle Lebensbereiche durchdringt und welche Möglichkeiten sich dadurch für die Kinder in der Frühpädagogik ergeben«, sagt Clarissa Körner-Bertele. Sie freut sich auf einen Gegenbesuch ihrer Kolleginnen in Bayern, um den fruchtbaren Erfahrungsaustausch fortzuführen. Erfahrungen teilen Dies ist ganz im Sinne von Christine Hacker vom Amt für Jugend und Familie in Mühldorf am Inn. Die 58-Jährige war viele Jahre Erzieherin und berät jetzt Kitas im Rahmen pädagogischer Qualitätsbegleitung. Von den praktischen Erfahrungen, die sie in Estland sammeln konnte, profitieren nun Kindertageseinrichtungen in ihrem Landkreis. »Was ich auf meinen Bildungsreisen lerne, gebe ich als Impulse an die Einrichtungen weiter und mache Mut, Neues auszuprobieren«, stellt sie zufrieden fest. Ähnlich sieht es Gisela Schmeizl. Die Kinder und auch ihr Team haben die niedliche Roboterbiene ins Herz geschlossen und sind von der Arbeit mit digitalen Medien und den vielfältigen Möglichkeiten, die sie bieten, begeistert. — Die Autorin ist Journalistin in Bonn. »Die Kinder begleiten« Christine Hacker arbeitet in der Pädagogischen Qualitätsbegleitung (PQB) im Landratsamt Mühldorf am Inn. Welchen Stellenwert hat das Projekt »Digitale Bildung« in Kitas und Kindergärten? Im Vergleich zu Estland stehen wir noch am Anfang. Doch auch bei uns hält die Digitalisierung immer weiter Einzug, denn dies ist die Zukunft. Kitas sind ein Ort zum Spielen, bereiten aber auch spielerisch auf die Welt von morgen vor. Wer als Kind mithilfe einer simplen Programmiersprache einen Roboter zum Laufen gebracht hat, spürt, dass man eine Maschine kontrollieren kann, und nicht umgekehrt. Welche pädagogischen Herausforderungen bringt der Einsatz Neuer Medien mit sich? Computer und Tablets sind nur ein Angebot von vielen im Kitaalltag. Deshalb sollten sie altersgemäß und bewusst eingesetzt werden. Dazu gehört, dass sie von den Kindern nicht allein, sondern mit Begleitung der Erzieherinnen und Erzieher genutzt werden. Die Erwachsenen erklären jedem einzelnen Kind, wie Programme und Apps funktionieren, beantworten Fragen und ermuntern zum Ausprobieren. Diese reflektierte Nutzung Neuer Medien ist für alle bereichernd. Worauf sollten Kitas achten, um langfristig von Fortbildungen zu profitieren? Der Träger und das Team sollten sich mit dem Thema Medienkompetenz auseinandersetzen. Es hat sich bewährt, ein Konzept zu erarbeiten, wie Kinder und Erwachsene darin gestärkt werden können. Um eine Schulung mit Gewinn zu nutzen, ist es wichtig, die erworbenen Kenntnisse regelmäßig anzuwenden, da das Gelernte sonst rasch verloren geht.

Publikationen

Folgen Sie dem PAD