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Austausch bildet - Juni 2022

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Das Magazin „Austausch bildet“ des PAD veröffentlicht Beiträge zur Praxis im internationalen Schulaustausch. "Das mehr im Plus" lautet das Motto der Juniausgabe, die zeigt, welche Möglichkeiten Erasmus+ bietet und welche Erfahrungen Schulen und Kitas mit dem europäischen Austausch sammeln. Sie können das Heft kostenlos im PAD-Webshop bestellen oder abonnieren. www.kmk-pad.org/shop

eintrittskarte

eintrittskarte akkreditierung Ziele statt Noten austausch bildet Das neue Erasmus-Programm erleichtert es Schulen, ein Projekt auf den Weg zu bringen und daraus Folgeprojekte über einen längeren Zeitraum zu entwickeln. Das zeigt das Beispiel der Stadtteilschule Fischbek-Falkenberg (Hamburg). Nachdem sie sich erfolgreich akkreditiert hat, macht sie jetzt Erfahrungen mit der Schülermobilität. von arnd zickgraf I n der Pandemiezeit noch ein Europaprojekt zu stemmen, das wird sich jede Lehrkraft dreimal überlegen. Und doch: Die Stadtteilschule Fischbek-Falkenberg (Hamburg) hat noch kurz vor dem krisengeplagten Jahr 2020 das Erasmus-Projekt »Smart City« mit Partnern in Italien und der Tschechischen Republik auf den Weg gebracht, mit dem sie auf Herausforderungen der letzten Jahre reagiert: Aufgrund der sozialen, ethnischen, kulturellen und sprachlichen Unterschiede ihrer Schülerschaft wird einerseits der Spracherwerb in Deutsch und Englisch dringlicher. Das Interesse der Schülerinnen und Schüler an den MINT-Fächern andererseits ist eher gering und spiegelt sich im Ergebnis der letzten Evaluierung dieser Fächer wider: nicht zufriedenstellend. »Vernetzte und glückliche Menschen« »Smart City« ist somit eine Antwort auf diese Erkenntnisse – und zugleich mehr. Denn mit dem Erasmus-Projekt reiht sich die Schule auch in das EU- Stadt entwicklungsprojekt »mySMARTLife« ein, das die Städte Hamburg, Nantes (Frankreich) und Helsinki (Finnland) initiiert haben. Dessen Ziel ist es, das Zusammenleben der Menschen in ihrem Stadtteil zu verbessern, indem es »globales Denken, grünes Handeln und kulturelles und soziales Bewusstsein« fördert. »Wir wollen einen kleinen Beitrag zu einer digitalen, grünen und fairen Stadt leisten. Dabei setzen wir auf vernetzte und glückliche Menschen«, sagt Andrea Brinkmannova, Lehrerin für Ernährung, Haushaltslehre, Gesellschaft und Chemie. Die aus Tschechien stammende Lehrerin ist zugleich Koordinatorin der Europa-Projekte der Stadtteilschule Fischbek-Falkenberg. Dass die Lehrerin trotz der Herausforderungen uner müdlich Europa-Projekte anstößt, hat mit einer Neuerung des Erasmus-Programms seit 2021 zu tun. Die Rede ist von »Akkreditierung«, die Schulen von unnötiger Bürokratie befreit. Mit diesem Schritt können Schulen einmalig die Eintrittskarte für Erasmus+ 10

Neue Initiativen mit Erasmus+ 11 lösen, um dann bis zum Ende des Programms mit wenig Aufwand Mittel für Europaprojekte zu beantragen. Oder, in den Worten von Andrea Brinkmannova: »Wir schauen in das Schulprogramm, welche Schwerpunkte unsere Schule hat. Daraus leiten wir Maßnahmen für die Schulentwicklung ab und bauen darauf verschiedene europäische Projekte in einem Zeitraum von sieben Jahren auf.« Neue Unterrichtssequenzen entwickeln Für die Schule ist das eine erhebliche Erleichterung, denn der administrative Aufwand wird damit erheblich verringert. Mussten Lehrkräfte früher viele Stunden Vorbereitungszeit für ein einziges Erasmus-Projekt aufwenden, können sie heute mit gleichem Aufwand eine ganze Reihe von Projekten anstoßen. »Das spart Zeit und motiviert dazu, mehrere Projekte durchzuführen«, erläutert Andrea Brinkmannova. Die Stadtteilschule Fischbek-Falkenberg hat denn auch bereits für die kommenden Jahre fünf Erasmus-Ideen mit ihren Partnern in den Niederlanden, Norwegen, Tschechien, Spanien und Portugal in der »Pipeline«. Die werden hoffentlich ebenso rundlaufen wie »Smart City«, das sich trotz Pandemie nicht von seinem Kurs abbringen ließ. So kooperiert die Stadtteilschule Fischbek-Falkenberg mit der Fachhochschule für angewandte Wissenschaft, der Hafencity und der Hamburger Sparkasse. Mitte Februar 2022 kamen zudem Schülerinnen und Schüler der Partnerschule aus Tschechien nach Hamburg. Als Projektergebnisse entstanden dabei Logos, Plakate, Kapuzenpullis und eine neue Projektwebseite für die Schulhomepage. 18 Schülerinnen und Schüler beteiligten sich daran, darunter vier Geflüchtete aus der Flüchtlingsunterkunft. »Jeder findet sich irgendwo wieder«, sagt Andrea Brinkmannova. Mehr noch: Als innovatives und nachhaltiges Produkt sind Pflanzenkästen aus Holz entstanden, in denen so nützliche Arten wie die Aloe vera stecken, die mehr Sauerstoff als herkömmliche Pflanzen erzeugen. Sie sollen später in Büros von Behörden oder Bildungsinstitutionen verteilt werden und dort für eine bessere Arbeitsatmosphäre sorgen. »Pflanzenkästen tragen nachweislich zur besseren Konzentration der arbeitenden Menschen bei«, erklärt Andrea Brinkmannova. Ziele statt Noten Um die Pflanzenkästen herum entwickeln die Lehrkräfte der Stadtteilschule Unterrichtsreihen in Biologie und Physik. Das ist möglich, weil die Pflanzenkästen mit Ventilatoren und Solarplatten ausgestattet sind. Im Physikunterricht können die Schülerinnen und Schüler dann erfahren, wie eine Fotovoltaikanlage Sonnenlicht in Energie umwandelt. »Das ist einfach cool, weil sich Unterricht damit ganz anders gestalten lässt: Aus einem Projekt heraus werden Unterrichtssequenzen entwickelt – und nicht aus einer Unterrichtssequenz ein Projekt«, schwärmt Andrea Brinkmannova. Darüber hinaus seien bei den Schülerinnen und Schülern Kompetenzen wie Pünktlichkeit, Zuverlässigkeit, Teamfähigkeit und Kommunikationsfähigkeit gestärkt worden. »Wir haben die Erfahrung gemacht, dass sich Jugendliche mit unterschiedlichen sozialen und kulturellen Hintergründen auf gleicher Ebene begegnen«, fasst Andrea Brinkmannova zusammen. »Das Problem mit faulen Schülerinnen und Schülern kennen wir in unseren Projektgruppen so nicht, denn alle merken, dass sie etwas bewirken können.« Dem Engagement in Erasmus-Projekten käme zudem zugute, dass die Schülerinnen und Schüler an dem gemessen würden, was sie tun und erreichen – und nicht an dem, was sie den schulischen Leistungen nach unterscheide. Dies sei auch bei der Abschlusspräsentation in der Aula der Stadtteilschule Fischbek-Falkenberg im Februar 2022 deutlich geworden. »Wir haben keine Noten, wir haben Ziele und Erfolge«, bringt es Andrea Brinkmannova auf den Punkt. — Der Autor ist Bildungsfachjournalist in Bonn. Programm Erasmus+ Schulbildung Projekttitel Smart City Beteiligte Schulen Stadtteilschule Fischbek-Falkenberg, Hamburg; Gymnázium Uni ov (Gymnazijni 257), Uni ov (Tschechien); Istituto Superiore Statale Luca Pacioli, Sant’ Anastasia (Italien) Laufzeit September 2019 bis August 2022 EU-Zuschuss 30.360 EUR für die Schule in Deutschland Weitere Informationen www.stadtteilschule-fischbek-falkenberg.de

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