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Austausch bildet – Juni 2024

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Nach dem Terrorangriff auf Israel im Herbst 2023 sind Begegnungen zwischen Deutschen und Israelis im Rahmen von Schulpartnerschaften, Lehrerfortbildungen und Stipendienprogrammen wichtiger denn je, um Zeichen der Solidarität zu setzen und die Verständigung zwischen beiden Staaten zu fördern. Unser Schwerpunkt im Magazin zum Austausch mit Israel vermittelt persönliche Einblicke dazu. Sie können das Heft kostenlos bestellen unter https://www.kmk-pad.org/service/shop

Forum Vertrauen, das

Forum Vertrauen, das sich auszahlt In Zeiten des Wandels und der Unsicherheit bleibt der deutsch-israelische Austausch wichtiger denn je. Gerade junge Menschen aus beiden Gesellschaften müssen deshalb weiterhin die Möglichkeit haben, sich zu begegnen. austausch bildet von talya lador-fresher, generalkonsulin des staates israel für süddeutschland I nternationaler Jugendaustausch prägt das Leben nachhaltig. Dafür bin ich selbst der beste Beweis. Als Jugendliche habe ich in den 1970er-Jahren einige Zeit in Bonn gelebt. Auch wenn ich auf eine internationale Schule gegangen bin, habe ich deutsche Jugendliche kennengelernt und mich mit ihnen ausgetauscht. Damals war das Verhältnis von Deutschen und Israelis noch ganz anders. 1965 wurden zwar offiziell diplomatische Beziehungen aufgenommen, aber auf persönlicher Ebene lehnte eine große Mehrheit der Israelis eine enge Beziehung zu Deutschen ab. Die Schoah schien dies unmöglich zu machen. Bei mir führte das Kennenlernen der Jugendlichen aus Deutschland und weltweit dazu, mich für meinen Berufsweg als Diplomatin zu entscheiden. Es war für mich überraschend, mich im Gegenüber mit dem Neuen oft Fremden besser kennenzulernen. Ich war fasziniert von der anderen Sprache, Kultur und Gesellschaft. Ich wurde damit konfrontiert, dass viele Dinge, die ich für selbstverständlich hielt, in einem anderen Land ganz anders funktionierten. Und ehrlich gesagt, konnte ich von der Faszination nicht genug bekommen. In der Retrospektive war es ganz entscheidend, dass ich das Kennenlernen von neuen Perspektiven 24

Forum 25 und Empathie für andere in jungen Jahren erlernt habe. Und ziemlich selbstständig, das heißt auch unabhängig von meinen Eltern und der Familie. Es war Teil meines Erwachsenwerdens, meinen eigenen Weg auszukundschaften. Zaghafter Neuanfang Die Anfänge der deutsch-israelischen Jugendbegegnungen waren nicht einfach. Der Staat Israel hatte sich zur Erinnerung an die sechs Millionen ermordeten Juden während der Schoah auferlegt, keine Kontakte zu Deutschen zu haben. Dennoch kamen die ersten Jugendgruppen aus Westdeutschland bereits in den 1950er-Jahren nach Israel. Es handelte sich um erste Ausnahmen, die Israel vor allem auf Wunsch des damaligen israelischen Premierministers David Ben-Gurion jungen Menschen, die nicht durch die NS-Verbrechen vorbelastet waren, ermöglichte. Wenn man so will, war es ein kleiner Funken Hoffnung, den man den ersten jungen deutschen Besucherinnen und Besuchern entgegenbrachte: die Hoffnung, dass nach dem Menschheitsverbrechen des Holocaust über Jugendbegegnungen wieder Positives zwischen Deutschen und Israelis erwachsen könnte zunächst noch in sehr geringen Zahlen, aber dann schnell anwachsend. 1963 waren es bereits über 200 deutsche Jugendgruppen. Ende der 1960er-Jahre reisten auch vermehrt israelische Gruppen nach Westdeutschland. Die finanzielle Förderung aus öffentlichen Mitteln stieg stetig an und wurde institutionalisiert. 1973 wurde der »Gemischte Fachausschuss für den deutsch-israelischen Jugendaustausch« ins Leben gerufen, der erstmals gemeinsame verbindliche Grundlagen und Richtlinien für den deutsch-israelischen Austausch festlegte. Dieser tagt seitdem jährlich. Grundstein Jugendaustausch Die letzten sieben Jahrzehnte zeigten, dass das Vertrauen in die junge Generation sich auszahlte. Die heute engen deutsch-israelischen Beziehungen wären ohne die fortwährenden Anstrengungen im Schüler- und Jugendaustausch nicht vorstellbar. Sie sind der Grundstein gewesen, der Vergangenheit gemeinsam zu gedenken und zugleich an einer besseren Zukunft zu arbeiten. Wir dürfen uns aber nicht auf der bisherigen deutsch-israelischen Erfolgsgeschichte ausruhen. Sie sollte uns aber für die anstehenden Herausforderungen anleiten. Israel durchlebt seit dem 7. Oktober eine der schwersten Zeiten seit der Staatsgründung. Das unbeschreibliche Massaker der Hamas-Terroristen hat in der israelischen Gesellschaft ein Trauma ausgelöst, das auch Wunden aus der Vergangenheit wieder aufgerissen hat. Auch in Deutschland ist seit dem letzten Oktober eine Veränderung zu spüren. Es trat eine Tendenz zutage, die sich schon zuvor angedeutet hat. Gerade wenn es um Israel geht, zeigt kein geringer Teil der deutschen Bevölkerung antisemitische Einstellungen. Antisemitische Straftaten stiegen sprunghaft an. Zur Demokratie erziehen Gerade in dieser Zeit des Wandels und der Unsicherheit bleibt der deutsch-israelische Jugend- und Schüleraustausch wichtiger denn je. Junge Menschen aus beiden Gesellschaften müssen weiterhin zahlreich die Möglichkeit haben, sich zu begegnen und sich offen auszutauschen. Dabei wird sich, wie in der Vergangenheit, zeigen, dass die Begegnungen emotional herausfordernd sind. Aber so haben sie auch eine nachhaltige Wirkung wie auch für mich als Jugendliche, wenn junge Israelis und Deutsche direkt mit unterschiedlichen Lebensrealitäten und Perspektiven konfrontiert werden. Es gibt jedoch, meiner Meinung nach, keinen besseren Weg, Vorurteile abzubauen und eine Vielzahl von Blickwinkeln kennenzulernen, zu verarbeiten und auszuhalten. Die Jugendlichen eignen sich also Fähigkeiten an, die für unsere vielfältigen Demokratien essenziell sind und schon in jungen Jahren erlernt werden müssen. In diesem Sinne möchte ich mit den Worten von Professor Albert Einstein schließen: »Mehr als die Vergangenheit interessiert mich die Zukunft, denn in ihr gedenke ich zu leben.« Zur Person Talya Lador-Fresher ist seit Herbst 2023 Generalkonsulin des Staates Israel für Süddeutschland mit Sitz in München. Zuvor war sie Botschafterin ihres Landes in Österreich. Foto: Generalkonsulat des Staates Israel

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