internationales preisträgerprogramm Hinter den Kulissen Politik in Deutschland hautnah miterleben: Diese Chance bot sich John Ngala als Stipendiat des Bundestags in Berlin. Vor fast zehn Jahren hatte der junge Kenianer die Stadt schon einmal besucht – als Preisträger des PAD. 36 austausch bildet
Erfahrungen 37 von martin finkenberger, pad B auern auf Traktoren, die vor dem Brandenburger Tor auffahren und sich gegen die Kürzung von Agrarsubventionen wehren. Lokomotivführer, die für ihre bessere Bezahlung tagelang den Bahnverkehr lahmlegen. Bürgerinnen und Bürger, die hunderttausendfach gegen rassistische Parolen und Umsturzfantasien demonstrieren: Wie aufgewühlt sich die Gesellschaft in Deutschland zu Jahresbeginn zeigte und wie polarisiert Debatten geführt wurden, konnte John Ngala im Januar in Berlin hautnah miterleben. Als Teilnehmer des Internationalen Stipendienprogramms des Deutschen Bundestags absolvierte der 26-jährige Kenianer damals ein Praktikum im Büro des Abgeordneten Manfred Todtenhausen – und war so inmitten des Geschehens. »Das hätte ich mir nicht vorstellen können, weil es mir so untypisch erschien für den Alltag in Deutschland. Aber gerade das hat diese vier Wochen interessant gemacht, weil ich das Land so nicht nur aus touristischer Perspektive kennenlernen konnte«, sagt John Ngala. Beeindruckt hat ihn dabei nicht nur, wie selbstverständlich die Menschen von ihrem Recht auf Streik und zur friedlichen Demonstration Gebrauch machten, sondern auch die Reaktion seines Mentors im Bundestag: »Zusammen mit anderen Abgeordneten ist er rausgegangen und hat mit den Bauern diskutiert.« Überzeugende Deutschkenntnisse Auf das Programm des Bundestags war John Ngala durch den Instagram-Kanal des Goethe-Instituts Nairobi aufmerksam geworden – und erfüllte alle Voraussetzungen für die Teilnahme: Bewerben konnten sich junge Studienabsolventen mit gesellschaftlichem oder politischem Engagement und Deutschkenntnissen auf B2-Niveau. Letztere hatte John Ngala sich unter anderem mithilfe einer App der Deutschen Welle für Deutschlernende angeeignet. Der Grundstein dafür war allerdings schon in seiner Schulzeit gelegt worden. Aufgrund seiner überzeugenden Deutschkenntnisse wurde John Ngala 2015 für das Internationale Preisträgerprogramm des PAD ausgewählt, das jedes Jahr im Sommer, finanziert aus Mitteln des Auswärtigen Amtes, Schülerinnen und Schülern aus weltweit rund 90 Staaten einen vierwöchigen Aufenthalt in Deutschland ermöglicht. Nach Exkursionen unter anderem nach Köln, Berlin und Hamburg besuchte er mit anderen Stipendiatinnen und Stipendiaten zwei Wochen lang eine Schule in Greifswald – Aufenthalt in einer Gastfamilie mit Gastgeschwistern eingeschlossen. Nicht nur Katastrophenjournalismus In Berlin erwartete John Ngala und die weiteren Stipendiaten aus Staaten wie Uganda, Namibia und Südafrika ein intensives Programm mit zahlreichen Workshops und Diskussionsrunden. In Gesprächen mit Mitarbeitenden aus der Redaktion und Programmplanung der Deutschen Welle etwa ging es um die Rolle von Medien in der Gesellschaft. »Gerade das war eine anregende Diskussion, weil der Sender aus öffentlichen Mitteln finanziert wird. Damit stellte sich uns die Frage, wie objektiv er berichten kann und ob die Regierung ihn beeinflusst«, sagt er. Sein Fazit: Als Sender, dessen Angebote sich vor allem an ein Publikum im Ausland richten, verfolge die Deutsche Welle in Deutschland keine politische Agenda. Doch auch die Redakteurinnen und Redakteure des Senders konnten Anregungen aus diesen Gesprächen mitnehmen. Was etwa die Berichterstattung über ihre Heimatländer betrifft, empfahlen die Stipendiatinnen und Stipendiaten weniger Krisen- und Katastrophenjournalismus. »Wir haben die Deutsche Welle ermutigt, nicht nur Stereotype zu bedienen, sondern auch über erfolgreiche Geschichten in Afrika zu berichten«, sagt John Ngala. >
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