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Leitlinien für Lehrkräfte zur Bekämpfung von Desinformation

Die Leitlinien bieten praktische Anleitungen für Lehrkräfte und pädagogische Fachkräfte, um die digitalen Kompetenzen von Schülerinnen und Schülern zu verbessern, damit diese Desinformation besser erkennen.

36 LEITLINIEN FÜR

36 LEITLINIEN FÜR LEHRKRÄFTE UND PÄDAGOGISCHE FACHKRÄFTE ZUR BEKÄMPFUNG VON DESINFORMATION Die Fähigkeiten der Schülerinnen und Schüler im Bereich der digitalen Kompetenz können auch mithilfe der folgenden Verfahren bewertet werden: • Prüfung ihrer Fähigkeit, Werbung von Nachrichten zu unterscheiden, oder ihrer Fähigkeit, glaubwürdige Quellen zu identifizieren, wenn sie über ein bestimmtes gesellschaftliches Thema recherchieren. Auch wenn die Schülerinnen und Schüler täglich mit digitalen Werkzeugen arbeiten, fehlt ihnen möglicherweise die Fähigkeit, einen Fakten-Check durchzuführen. Daher kann ein Teil der Bewertung darin bestehen, die Fähigkeit der Schülerinnen und Schüler, digitale Geräte zu nutzen, wenn sie beispielsweise alternative Ansichten recherchieren, Unwahrheiten entlarven und im Internet nach Informationen suchen, zu überprüfen (siehe Beispiel in Kasten 7 oben). • Verwendung von Portfolios. Das Bewusstsein der Schülerinnen und Schüler für die Entstehung sogenannter Fake News kann geschärft werden, indem sie aufgefordert werden, selbst einen gefälschten Tweet oder einen gefälschten Nachrichtenartikel zu erstellen und anschließend zu diskutieren, wie sie die Leserinnen und Leser manipulieren würden (dies muss aus den vorstehend genannten Gründen sorgfältig angeleitet werden). Auch die Einstellung der Schülerinnen und Schüler zu Online- Informationen kann bewertet werden. Es ist wichtig, dass die Schülerinnen und Schüler nicht „naiv“ sind, wenn sie Online-Informationen nutzen. Viele Menschen fühlen sich gegen Desinformation „immun“ und vertrauen Quellen, die ihnen vertraut sind. Daher ist es wichtig, zu beurteilen, inwieweit sie Online-Informationen für glaubwürdig halten. Sie müssen auch erkennen, wie wichtig der Zugang zu verlässlichen Informationen ist. Diese Punkte können bewertet werden, indem man die Schülerinnen und Schüler auffordert, auf einer Skala von „alle“ bis „keine“ zu bewerten, für wie vertrauenswürdig sie Online-Informationen halten, und indem man sie auffordert zu bewerten, wie wichtig es für sie ist, Zugang zu verlässlichen Nachrichten zu haben (siehe Kasten 8 unten). Eine produktive Einstellung im Zusammenhang mit digitaler Kompetenz ist eine Einstellung, die den Wahrheitsgehalt von Online-Informationen infrage stellt, sowie eine positive Einstellung gegenüber dem Zugang zu verlässlichen Nachrichten. Kasten 8 – Beispiele für Bewertungen, die die Einstellung der Schülerinnen und Schüler zu Informationen untersuchen. 12 1. Wie viele der Informationen im Internet halten Sie für vertrauenswürdig? Alle -------------- Keine 2. Wie wichtig ist es für Sie, verlässliche Nachrichten zu konsumieren? Überhaupt nicht wichtig -------------- Sehr wichtig 3. Ich denke, es gibt viele falsche Wege, aber nur einen richtigen Weg, um fast alles zu erreichen. Stimme voll und ganz zu -------------- Stimme überhaupt nicht zu 4. Man sollte Beweise außer Acht lassen, die mit den eigenen Überzeugungen in Konflikt stehen. Stimme voll und ganz zu -------------- Stimme überhaupt nicht zu 5. Ich glaube, dass die unterschiedlichen Vorstellungen von richtig und falsch, die Menschen in anderen Gesellschaften haben, für sie gültig sein können. Stimme voll und ganz zu -------------- Stimme überhaupt nicht zu 6. Menschen sollten immer Beweise in Betracht ziehen, die gegen ihre Überzeugungen sprechen. Stimme voll und ganz zu -------------- Stimme überhaupt nicht zu Hinweis: Frage 1 misst, ob die Schülerinnen und Schüler naiv oder skeptisch gegenüber Online-Informationen sind, Frage 2 misst die Einstellung der Schülerinnen und Schüler gegenüber verlässlichen Nachrichten, Frage 3 misst Dogmatismus, Frage 4 misst Resistenz gegenüber Tatsachen, Frage 5 misst flexibles Denken und Frage 6 misst Aufgeschlossenheit. 12 Beispiele von Nygren, T., & Guath, M. (2022). Students Evaluating and Corroborating Digital News. Scandinavian Journal of Educational Research, Band 66 – Ausgabe 4, S. 549 ff., doi:10. 1080/00313831.2021.1897876; Roozenbeek, J., Maertens, R., Herzog, S. M., Geers, M., Kurvers, R. H., Sultan, M., & van der Linden, S. (2021). Susceptibility to misinformation is consistent across question framings and response modes and better explained by open-mindedness and partisanship than analytical thinking. Judgment and Decision Making. Im Druck. 13 DigCompSAT https://publications.jrc.ec.europa.eu/repository/handle/JRC123226

UND ZUR FÖRDERUNG DER DIGITALEN KOMPETENZ DURCH ALLGEMEINE UND BERUFLICHE BILDUNG 37 Die aktive Aufgeschlossenheit der Schülerinnen und Schüler ist ebenfalls eine Einstellung, die es zu bewerten gilt, da eine positive Einstellung gegenüber der Akzeptanz neuer Beweise und vielfältiger Perspektiven mit der Fähigkeit der Menschen einhergeht, mit Desinformation umzugehen. Das kann beurteilt werden, indem anhand verschiedener Aktivitäten beobachtet wird, inwieweit die Schülerinnen und Schüler bereit sind, ihren Standpunkt zu einem Thema zu ändern, wenn sie erfahren, dass solide Beweise gegen ihre eigene Meinung sprechen. Es ist auch wichtig, die Einstellung der Schülerinnen und Schüler im Internet und ihre Umgangsformen in den sozialen Medien zu bewerten. Dazu gehört, dass man den Kommunikationsstil der Schülerinnen und Schüler betrachtet, wenn sie beispielsweise online mit anderen zusammenarbeiten oder mit ihnen diskutieren. Bei einer solchen Bewertung kann beobachtet werden, ob sie persönliche Angriffe, Beleidigungen, Respektlosigkeit und/oder mangelnde Sensibilität für das Unglück anderer an den Tag legen. Tipp 14 – Reflexion über die Art der Bewertung Bei der Bewertung geht es nicht nur darum, ob die Schülerinnen und Schüler Fakten kennen oder wissen, was wahr ist und was nicht, was voreingenommen ist und was nicht. Es geht auch darum, zu messen, inwieweit die Schülerinnen und Schüler eine kritische Denkweise haben, aufgeschlossen sind, offen für Gegenbeweise sind und aktiv zuhören. Eine solche Einstellung ist entscheidend dafür, dass sie zu verantwortungsbewussten, aktiven Bürgerinnen und Bürgern werden. Bitte beachten Sie… • Bewerten Sie die Kenntnisse, Einstellungen und Fähigkeiten der Schülerinnen und Schüler sowohl vor als auch nach dem Unterricht. • Kombinieren Sie mehrere Messinstrumente, insbesondere solche, die sich als zuverlässig erwiesen haben. • Verwenden Sie Bewertungsinstrumente, die Wissen, Einstellungen und Fähigkeiten messen. • Bleiben Sie in Bezug auf neue und bessere Bewertungsinstrumente auf dem Laufenden, die ein besseres Bild vom Kenntnisstand und den Fortschritten der Schülerinnen und Schüler vermitteln können, zumal sich der Bereich der digitalen Kompetenz schnell weiterentwickelt. • Geben Sie den Schülerinnen und Schülern, basierend auf der Bewertung ihrer Kompetenzen, Feedback darüber, wo Verbesserungen erforderlich sind. • Verwenden Sie offenere Fragen und Aufgaben, mit denen die Schülerinnen und Schüler vor und nach dem Unterricht zur Recherche im Internet aufgefordert werden. Warnhinweis Wenn Sie für die Bewertung Elemente von Desinformation verwenden, stellen Sie sicher, dass die Schülerinnen und Schüler wissen, welche Informationen richtig und welche falsch sind. Einige könnten sonst das Falsche glauben. Dies ist umso wichtiger wegen des in Kasten 5 erörterten „Continued Influence Effect“. Selbsteinschätzungen zur digitalen Kompetenz können für Diskussionen, Überlegungen und Beobachtungen genutzt werden. In Anbetracht dessen, dass die Schülerinnen und Schüler möglicherweise zu selbstsicher sind und ihre eigenen Kenntnisse, Fähigkeiten und Einstellungen nicht gut einschätzen können, kann die Selbstreflexion dennoch genutzt werden, um wichtige Einblicke in ihre Sicht auf sich selbst und darüber, wie sie sich verbessern können, zu geben. Ein Beispiel für Aussagen zur Selbsteinschätzung finden Sie in Kasten 9. Diese Aussagen stammen aus dem Projekt DigCompSat der Europäischen Kommission (ein Instrument zur Selbsteinschätzung, das in der Aktualisierung DigComp 2.2 angeführt wird). 13 Diese internationale Ressource kann bei Ihrer Arbeit hilfreich sein. Kasten 9 – Beispiele für Aussagen zur Selbstreflexion über digitale Kompetenz (DigComp 2.1; DigCompSAT). • Ich weiß, dass verschiedene Suchmaschinen unterschiedliche Suchergebnisse liefern können, weil sie von kommerziellen Faktoren beeinflusst werden (Wissen/mittleres Niveau) • Wenn ich eine Suchmaschine verwende, kann ich ihre erweiterten Funktionen nutzen (Fähigkeit, mittleres Niveau) • Ich weiß, wie ich eine Website finden kann, die ich schon einmal besucht habe (Fähigkeit, grundlegendes Niveau) • Ich weiß, wie ich beworbene Inhalte von anderen Inhalten, die ich im Internet finde oder erhalte, unterscheiden kann (z. B. Erkennen von Werbung in sozialen Medien oder Suchmaschinen) (Fähigkeit, mittleres Niveau) • Ich weiß, wie ich den Zweck einer Informationsquelle im Internet erkennen kann (z. B. Information, Beeinflussung, Unterhaltung oder Verkauf) (Fähigkeit, mittleres Niveau) • Ich prüfe kritisch, ob die Informationen, die ich im Internet finde, zuverlässig sind (Einstellung, mittleres Niveau) • Ich weiß, dass manche Informationen im Internet falsch sind (z. B. Fake News) (Wissen, grundlegendes Niveau) • Bemühen Sie sich darum, zu beurteilen, inwieweit die Schülerinnen und Schüler kritisch gegenüber dogmatischen Informationen sind und sich gegen Gegenbeweise sperren (das Gegenteil von Aufgeschlossenheit). • Fragen Sie Ihre Kolleginnen und Kollegen, wie sie Einstellungen wie Aufgeschlossenheit und flexibles Denken bewerten. Falls sie dies noch nicht tun, sollten Sie darüber diskutieren, wie eine solche Bewertung durchgeführt werden könnte.

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