fremdsprachenassistenzprogramm 26 Was war das »typisch Deutsche« an Ihnen? Sicher der Akzent, der durch mein Schulenglisch geprägt worden war und den Kindern aufgefallen ist. Den habe ich aber im Laufe der Zeit abgelegt, auch dadurch, dass ich Wörter aus dem Slang übernommen habe. Ansonsten wurde mir anfangs aufgrund meines Aussehens hin und wieder gesagt, ich sähe »europäisch« aus, was in diesem Fall »deutsch« meinte. Spätestens nach dem ersten Besuch bei einem Friseur, der mir einen typischen englischen Schnitt verpasste, war das aber vorbei. Im Gegenzug wiederum: Welche Ihrer Klischees von Großbritannien mussten Sie korrigieren? Es gab, offen gesagt, Dinge, die sich bewahrheitet haben, zum Beispiel das Schlangestehen an einer Bushaltestelle, wie ich das aus meinen Schulbüchern kannte. Was dagegen das Essen betrifft, das nicht den besten Ruf genießt, habe ich andere Erfahrungen gemacht. Der Mann meiner Vermieterin war nämlich Koch. Durch ihn habe ich viele Gerichte kennengelernt und erfahren, was die englische Küche alles zu bieten hat. Was mir außerdem auffiel, war die Abgrenzung zwischen »England« und dem »Kontinent« Europa, dem man sich nicht zugehörig fühlte. Das machte sich auch in den Nachrichtensendungen bemerkbar, die nur wenig aus anderen Ländern berichteten. Die einzige Meldung aus Deutschland, an die ich mich erinnere, befasste sich mit der strittigen Frage, ob ein bekannter Politiker sich die Haare färben ließ. Was haben Sie durch Ihre Zeit als Fremdsprachenassistent gelernt, von dem Sie heute noch profitieren? Ich hatte vorher kaum Praxiserfahrungen. In Kent ist mir zum einen klar geworden, dass man zwar vorbereitet in den Unterricht gehen muss, die Stunden aber nicht zu eng oder kleinschrittig planen sollte. Zum anderen habe ich bemerkt, wie heterogen die Gruppe ist, die einem im Klassenzimmer gegenübersitzt: Den einen fliegt alles zu, während andere länger für den Stoff brauchen. Und neben denen, die immer sprechen wollen, gibt es die, die etwas schüchterner sind. Guter Unterricht aber lässt niemanden außen vor und sorgt dafür, dass alle wahrgenommen werden. In der Würdigung wird unter anderem darauf verwiesen, dass Sie »kritikfähig, offen und an den Belangen der Schülerinnen und Schüler interessiert« sind. Wie zeigt sich das in Ihrer Unterrichtspraxis? Es sind wohl die Feinheiten. Ich verdanke es unter anderem meiner Zeit als Fremdsprachenassistent, einen Raum »lesen« zu können. Wenn ich anhand des Verhaltens der Schülerinnen und Schüler merke, dass mein vorbereiteter Unterricht nicht funktioniert, weil er todlangweilig ist, dann scheue ich mich nicht, ihn abzubrechen und noch einmal anders anzufangen. Wichtig ist mir außerdem, dass Schülerinnen und Schüler bei der Auswahl der Lektüre, die nicht durch Prüfungen vorgegeben ist, mitsprechen können und auch sonst die Möglichkeit haben, ein Feedback zu geben. Damit das anonymisiert funktioniert und Antworten möglichst offen ausfallen, nutze ich entsprechende Instrumente zur Selbstevaluation des Unterrichts – und habe damit gute Erfahrungen gemacht. Keine Angst davor, irgendwann in Routine zu erstarren? Ich schätze die vielen Freiheiten, die ich in diesem Beruf habe. Es gibt zwar einen Lehrplan, aber mit welchen Methoden ich den Stoff vermittle, entscheide ich. Und obgleich bestimmte Themen etwa zur Landeskunde sich wiederholen, gibt es doch immer Neues. Im Regierungs- und Wahlsystem ändern sich die Politiker und Programme und bei den »Celebrities« die Namen. Dazu kommt: Ich betrachte mich als Türöffner zu einem Land, über das manche Kinder wenig wissen. Als Lehrer kann ich nicht nur viel erzählen, sondern auch immer mit eigenen Erlebnissen unterstreichen. Die mögen zwar ein paar Jahre zurückliegen. Aber der Funke, der damals entzündet wurde, der ging nie verloren. Mitten im Corona-Lockdown wurden Sie mit dem »Deutschen Lehrkräftepreis« ausgezeichnet. Wie kam es dazu? Der Vorschlag kam wohl von den Schülerinnen und Schülern des Abiturjahrgangs, die sich zusammengetan hatten. Ich selbst wusste nichts davon, bis mir eines Nachmittags meine Schulleiterin eine E-Mail weitergeleitet hat, in der mir zu der Auszeichnung gratuliert wurde. Für mich war das eine schöne Bestätigung meiner Arbeit. Zur Person Karsten Brill, Jahrgang 1974, unterrichtet Deutsch und Englisch am Marie-Curie-Gymnasium Bönen und wurde 2020 mit dem Deutschen Lehrkräftepreis ausgezeichnet. Im Schuljahr 1996/97 war er Fremdsprachenassistent an der Wilmington Grammar School in Kent (England).
jahresbericht 2022/23 Campusbotschafterinnen Wenn Merle Hansen auf ihre Zeit als Fremdsprachenassistentin an Schulen in San Javier und Torre-Pacheco in der spanischen Region Murcia zurückblickt, kommt sie noch immer ins Schwärmen: »Ich war begeistert von dem Programm und möchte, dass auch andere Studierende die Möglichkeit haben, so eine tolle Erfahrung zu machen. Bevor sie die Reise antreten, möchte ich ihnen gerne behilflich sein und sie unterstützen«, sagt sie. Als Campusbotschafterin steht sie deshalb seit ihrer Rückkehr Kommilitoninnen und Kommilitonen an der Universität Kiel Rede und Antwort zu allen Fragen rund um das Programm. Campusbotschafterinnen und -botschafter wie Merle Hansen, die Mathematik und Spanisch auf Lehramt studiert, gibt es an zahlreichen Universitäten. Sie haben selbst an dem Programm teilgenommen und geben ihre Erfahrungen gerne weiter. Dazu organisieren sie Veranstaltungen und beraten individuell. Eine Übersicht zu dem Netzwerk gibt es auf unserer Website des PAD www.kmk-pad.org/fsa – und frische Eindrücke aus dem Programm bei Instagram @fsa_pad.
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