35 Jahre Erasmus-Programm Gewinnerprojekte Einmal Erasmus, immer Erasmus: Während ihres Lehramtsstudiums war Christa Stalder mit dem Bildungsprogramm der EU zwei Semester in Irland. Heute nutzt sie eTwinning für europäische Unterrichtsprojekte. 8 enn Christa Stalder über ihre Erasmussemester in Irland an der University of Maynooth erzählt, klingt das wie eine Episode aus dem Geschichtsbuch: 1999/2000 konnte sie dort studieren – in Zeiten eines politischen und gesellschaftlichen Umbruchs, dessen Folgen heute selbstverständlich erscheinen: Der Euro etwa wurde als »European Currency Unit« (ECU) bereits auf Kontoauszügen ausgewiesen, hatte die nationalen Währungen aber noch nicht ersetzt. Die Erweiterung der Europäischen Union bis Estland und Zypern war beschlossene Sache, aber keineswegs vollzogen. Und das Internet, das als Lotse durch den Alltag unersetzlich geworden ist, steckte an vielen Ecken noch in den Kinderschuhen. Wie umwälzend gerade das Internet wirkte, erläutert Christa Stalder an einem besonders eingängigen Beispiel aus ihrer Zeit in Maynooth: Was künstliche Intelligenzen heute in Sekundenbruchteilen online erledigen, war zur Jahrtausendwende mühselige Fleißarbeit am Schreibtisch, erinnert sie sich. Denn als angehende Englischlehrerin wollte sie in Irland naheliegenderweise ihre Kenntnisse dieser Sprache vertiefen. Zugleich aber galt es, für das bald nach der Rückkehr anstehende Examen Französisch nicht zu vernachlässigen, sodass sie entsprechende Kurse belegte. »Da ich in beiden Sprachen nicht perfekt war, waren Übersetzungen vom Französischen ins Englische sehr anspruchsvoll. Oft habe ich ganze Nachmittage daran gesessen«, sagt sie. In der Arbeit mit analogen Nachschlagewerken sieht sie im Rückblick dennoch einen Gewinn. »In einem Lexikon liest man auch, was über oder unter einem Eintrag steht, erkennt so Zusammenhänge und erarbeitet sich Wortfamilien viel vertiefter.« Cheddar in allen Reifegraden So anstrengend die Übersetzungen waren, so wenig möchte Christa Stalder ihre Erfahrungen aus den Erasmussemestern allerdings missen. Dass in den Englischseminaren Themen auch aus den Bereichen Film und moderne amerikanische Lyrik behandelt wurden, zu denen es in München kaum Angebote gab, weiß sie heute noch zu schätzen. »Was für eine unheimliche Horizonterweiterung«, schwärmt sie. Ähnliches gilt für die Französischkurse, die sich mit dem »Roman Catholique« oder dem absurden Theater befassten. Vor allem aber verdankt Christa Stalder ihrer Zeit in Maynooth, dass sie den irischen Alltag und die Gepflogenheiten der Menschen ganz unmittelbar erleben konnte – mit ihren oft kleinen und gelegentlich großen Unterschieden in essenziellen und existenziellen Fragen. Solche zeigten sich etwa im Supermarkt und am Küchentisch: »Es ist nicht Gott gegeben, dass es immer gutes Essen gibt«, erinnert sich Christa Stalder angesichts des vielfach reduzierten Angebots an Südfrüchten zu oft unerschwinglichen Preisen – ganz
jahresbericht 2022/23 Das Programm für Studium und Schule: Christa Stalder – hier als Alumna auf der Jahrestagung des Deutschen Akademischen Austauschdienstes (DAAD) 2022 in Bonn – kennt Erasmus aus verschiedenen Perspektiven. » ICH HATTE ZWAR NICHT DIE RICHTIGE KLASSE DAFÜR, ABER DIE IDEE FÜR EIN PROJEKT IM FOLGEJAHR.« im Gegensatz zum Sortiment an der Käsetheke, das weniger durch seine Vielfalt in der Herkunft bestach, sondern die kaum überschaubaren Varianten des typischen Cheddar in verschiedensten Reifegraden und Farben, die kaum voneinander unterscheidbar erschienen. Die Unterschiede machten sich aber auch an Feiertagen wie dem Saint Patrick’s Day im März bemerkbar, den die ganze Stadt feierte: verkleidet mit grünen Hüten und Kleeblättern in den Nationalfarben, einem riesigen Volksfest – und der Radioübertragung der Musik, mit der in Dublin am Abend ein Feuerwerk untermalt wurde. »Das war für mich eine Revolution, so etwas hatte ich noch nicht gesehen. Und ich musste mir immer wieder einen Kopfhörer ausleihen, weil mein Handy damals noch gar kein Radio empfangen konnte.« 9 Projekte im Fremdsprachenunterricht Seit 2004 unterrichtet Christa Stalder Französisch und Englisch – derzeit an der Staatlichen Realschule Mainburg in Niederbayern. Mit dem Erasmus-Programm ist sie dort weiterhin unterwegs, zumindest virtuell, seit sie vor einigen Jahren eTwinning für ihren Fremdsprachenunterricht entdeckt hat. Auf der Plattform war sie damals auf die Projektidee einer türkischen Kollegin gestoßen. »Ich hatte zwar nicht die richtige Klasse dafür, aber die Idee für ein Projekt im Folgejahr«, sagt sie. Diese wiederum kam dann wie gerufen, als während der Coronapandemie zeitweise nur eingeschränkter
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